Die Kunst, die Vergangenheit lesbar zu machen
Die Erhaltung des historischen Erbes ist auch eine kritische Auseinandersetzung mit den geistigen, funktionellen und praxisorientierten Leitbildern der Gegenwart. Bewahrung von Kulturgut gerät oft in Konfliktsituationen mit aktuellen Interessen. Unbestritten ist die Aufgabe aber dort, wo Konservierung und Restaurierung essenzielle Beiträge zur Erforschung unserer Kultur und Geschichte leisten, wo an überlieferten Bau- und Kunstdenkmälern deren vielfältige inhaltliche und ästhetische Sinnschichten lesbar und deren geistige, künstlerische und kulturelle Botschaft verständlich gemacht werden. Auf diesem Gebiet arbeitet HR Univ.Doz. Dr. Manfred Koller seit Jahrzehnten mit großem Erfolg. In Wien geboren, absolvierte er das Studium der Konservierung und Technologie an der Akademie der bildenden Künste sowie das Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien. Er erwarb damit ideale Voraussetzungen für sein Wirken in der österreichischen Denkmalpflege, wo er seit 1972 tätig ist. 1980 wurde er Leiter der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamtes. Diese Restaurierungswerkstätten befassten sich lange schwerpunktmäßig nur mit der Restaurierung von Bildern und Skulpturen. Manfred Koller baute sie für die breite Basis aktueller Aufgaben in der Denkmalpflege systematisch aus und erweiterte sie um die Bereiche Wandmalerei, Glasmalerei, Stein, Möbel, Textil u. a. Besonderes Gewicht bekam die naturwissenschaftlich-technologische Grundlagenforschung für die notwendige interdisziplinäre Zusammenarbeit in allen Fragen der Befundung und technologischen Hilfestellung. So wurden die Restaurierungswerkstätten des Bundesdenkmalamtes unter Manfred Koller zu einem über Österreichs Grenzen hinaus renommierten Institut, das sich neben praktischen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen mit Modellcharakter an bedeutenden Kunstwerken besonders der Aus- und Weiterbildung freiberuflicher Restauratoren widmet. Es war und ist ein Charakteristikum der Tätigkeit Manfred Kollers, dass für ihn Erforschung und Erhaltung eine untrennbare Einheit darstellen. Jedes Kunstwerk, das unter seiner Ägide in den Restaurierungswerkstätten behandelt wird bzw. mit dem er sich in situ beschäftigt, ist für ihn eine Informationsquelle historischer, künstlerischer und kultureller Bedeutungsebenen, in die auch die technologisch-naturwissenschaftlichen Aspekte einbezogen sind. Konservierungswissenschaften entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten als eine neue Fachrichtung interdisziplinärer Zusammenarbeit verschiedener geistes- und naturwissenschaftlicher Disziplinen. Manfred Kollers essenzielle Beiträge dazu spiegeln sich in seinem umfangreichen Literaturverzeichnis wider, das einen Einblick in das Spektrum seines Verständnisses der Aufgabe der Erforschung und Erhaltung des kulturellen Erbes vermittelt. Manfred Koller ist seit Jahrzehnten als akademischer Lehrer tätig, im Bereich der Ausbildung von Restauratoren an der Universität für angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste in Wien, von Architekten an der Technischen Universität Wien sowie von 78 Kunsthistorikern am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, was zur Bewahrung unseres Kulturgutes mittelbar beiträgt. Erwähnt sei noch ein Bereich aus der persönlichen Forschungstätigkeit Manfred Kollers: seine Arbeiten zur Architekturpolychromie, das durch ihn vermittelte Wissen um die historische Farbigkeit unserer Baudenkmale vom Mittelalter bis in das 19. Jhdt., die heute das Bild unserer Kirchen und Klöster und unserer Altstädte prägen. Vieles davon geht unmittelbar auf Manfred Kollers engagierte Untersuchungen sowie auf seine praktischen Auseinandersetzungen mit dieser Aufgabe zurück und ist in der Fachliteratur mit seinem Namen verbunden, was ihm internationale Anerkennung eingetragen hat.