Sprachliches Energiebündel
Alex sieht die Welt anders und wir entkommen ihrer Perspektive in Margit Mössmers drittem Roman „Das Geheimnis meines Erfolges“ nicht. Die Sprache des Kindes ist energiegeladen und wortgewaltig. „Nina kämpfte wie eine Stockente für mich“, beschreibt das Mädchen seine alleinerziehende Mutter, die sich vom Prekariat nicht unterkriegen lässt. Das Netzwerk der Spar-Verkäuferin ist klein und krisengebeutelt, bestehend aus ihrem Bruder Patrick und ihrer Freundin Conny.
Zeigt sich die in Hollabrunn aufgewachsene Autorin, studierte Sprachkünstlerin der Angewandten, Hispanistin und Theater-, Film- und Medienwissenschaftlerin in ihren ersten beiden Romanen „Die Sprachlosigkeit der Fische“ und „Palmenherzen“ als Freundin des magischen Realismus, entsteht im aktuellen Buch eine ähnlich fantasievolle Welt im Kopf des neurodiversen Mädchens, die uns an intensiven Sinneserlebnissen teilhaben lässt.
In manchen Rezensionen wird Alex als autistisches Kind eingeordnet. Die Pointe an Margit Mössmers Text ist aber, dass es hier nicht ums Abarbeiten an Krankheitsbildern geht. Alex ist anders, ja, aber vom Kindergarten bis zur Schule erlebt sie wohl all jene Konflikte, die alle Kinder erleben, wenn sie nicht im System funktionieren wollen. Anfangs bringt Alex ihre Mutter auch mangels Sprache zur Verzweiflung. Später wird Nina stolz auf sie sein und mit ihr selbst lachen können. Wie viel Energie es kostet, von einem (Gesundheits-)System Aufmerksamkeit und Unterstützung zu bekommen, ist ein weiterer Aspekt des Buches, der es lesenswert macht.
Margit Mössmer war mit ihrem Erstlingsroman für den Franz-Tumler-Literaturpreis nominiert und erhielt 2016 das Hans-Weigel-Literaturstipendium des Landes Niederösterreich. Der Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich in der Kategorie Literatur prämiert ein Thema, das gesellschaftliche Aufmerksamkeit verdient und literarisch exzellent umgesetzt wurde.
Florian Müller