Martina Golser

Bildende Kunst
Image

Faszinierende Gebilde mit Papier und Grafitstift

Ausgehend von mikroskopischen Strukturen, erzeugt Martina Golser faszinierende Gebilde mit Papier und Grafitstift. Am Beginn stand die Beschäftigung mit Abbildungen in Pflanzenbüchern. Daraus entstanden dreidimensionale Zeichnungen, zuerst auf transparentem, später auf opakem Papier. Die Grafiken zeigen Pflan zenzellen von Bäumen, etwa der Stein- und Korkeiche oder der Robinie, ebenso Blütenknospen, Stängel sowie eine eigene Reihe zum Thema Alge in bis zu 1500-facher Vergrößerung. Anders als die «Kunstformen der Natur» des Biologen Ernst Häckel (1834–1919), die jeweils auf einer Tafel vor wiegend Gruppen von Planktonorganismen zu sammenfassen und die Artenvielfalt im Sinne der darwinschen Lehre – etwa auf Tafel 4 die Kieselalge (Diatomea) darstellen, konzentrieren sich die Zeichnungen von Martina Golser auf den individuell gewählten Ausschnitt. Die Symmetrie, bei Erich Häckel ein wichtiger Aspekt, wird dabei unterwandert. Der Fokus auf das Detail überzeugt je doch ebenso wie die «Kunstformen der Natur» von der stillen Schönheit der dargestellten Lebensformen. Der Mikrokosmos repräsentiert dabei zugleich den Makrokosmos. Von der «Spinnennetzgoldalge» zur abstrahierten «Vernetzung» ist es da nicht weit. Teil der Abstraktion ist die konsequente Reduktion auf Blau- und Grautöne. Martina Golser perfektionierte das Medium Zeichnung in reflexiver, meditativer, stundenl anger Arbeit so, dass jeder Strich akribisch genau sitzt. Das Leichte kam ihr dabei nicht abhanden. Die Feinheit der Linie steht in keiner Diskrepanz zu schwungvollen Kompositionen. Dass die Zeichnungen mit einem Messer ausgeschnitten – in Schichten übereinandermontiert werden, generiert eine Tiefenwirkung, die den Papierarbeiten Objektcharakter verleiht. Präzise ausgeführt, übersetzen die Zeichnungen von Martina Golser das strukturelle Wesen der Pflan ze in ein künstlerisches Medium und er möglichen den Betrachter(inne)n Einblicke in Strukturen, die dem freien Auge ohne Hilfsmittel versagt bleiben.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2008