Martina Zwölfer

Sonderpreis
Design
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Glas- und Keramikkunst

Das Betreten von Martina Zwölfers altem Atelier und Schauraum Anfang der 1990er-Jahre in der Wiener Webgasse war etwas ganz Besonderes. Die Produkte atmeten den Geist asiatischer Schlichtheit und Schönheit und bestachen gleichzeitig mit raffinierten Glasuren und Farben – und das lange bevor der Asian-Look zum Megatrend wurde. Die damals erworbenen Schalen für die Hochzeit einer japanischen Freundin sind noch heute beinahe täglich in Verwendung. Das wundert nicht. Denn Martina Zwölfers Keramik funktioniert bestens im täglichen Gebrauch. So ist es ihr wichtig, dass Kannen „nicht-tropfend“ und auswaschbar gebaut oder dass Henkel und Deckel „gag-frei“, greifbar und handlich sind. Die für sie gleichsam ideale Größe ist jene einer japanischen Soba-Tasse, die zum Trinken wie auch zum Essen verwendet wird. Aber weit über funktionale Qualitätskriterien hinaus konzipiert die Künstlerin ihre Produkte in einen ästhetischen Gesamtkontext hinein. „Die Güte der Speisen und des Anrichtens kommt mit unaufdringlicher Formgebung und monochromen Glasuren besonders gut zur Wirkung“, meint sie. Schon ihr Lehrer an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, Günther Praschak, bestätigte sie in diesem Sinne, beeinflusst von den gestalterischen Traditionen des Zen, zu arbeiten. Später lernte sie selbst auf zahlreichen Reisen quer durch den fernen Osten verschiedene alte Manufakturtechniken kennen. Die Künstlerin schätzt die hoch gebrannten, robusten, asiatischen Glasuren, die sie inzwischen mit regionalen Materialien wie Granitpulver und Holzaschen lokal interpretiert. Seit acht Jahren lebt Martina Zwölfer wieder in ihrer Heimatstadt Weitra, wo sie sich eine alte Scheune mithilfe des Architekten Juerg Meister von nextroom zu einer Wohnwerkstatt umbauen ließ. In den letzten Jahren entstand auch der Wunsch, ihr Gestaltungsfeld zu erweitern, mit neuen Materialien, wie Glas oder dem nachhaltigen Werkstoff Bambus, zu arbeiten. Unter dem Label „12er“ bietet sie inzwischen Designentwürfe für die Industrie an. Dafür eignete sie sich das Handwerk der digitalen 3D-Präsentation an. Die Mühe lohnte sich sichtlich. Firmen wie Lobmeyr, Leonardo und Thomas/Rosenthal verkaufen ihre Produkte; weitere Projekte sind in Arbeit. Wie schon in der Wiener Webgasse, als Martina Zwölfer am 12. jedes Monats zum Cocktail einlud, versucht sie nun auch in Weitra gesellschaftliche Impulse zu setzen. Sie organisiert nicht nur Tangoabende und gründete einen Kulturverein, sondern eröffnete jüngst, zusammen mit Richard Pils, eine vorerst temporäre Galerie mit Schwerpunkt Architektur und Design. Es ist ihr ein Anliegen, dort wo sie lebt, zeitgenössische Strömungen sichtbar zu machen und diese Aufgabe nicht nur dem urbanen Ballungsraum zu überlassen. Die Niederösterreicherin ist trotz ihrer vielseitigen Interessen eine sehr geradlinige Persönlichkeit, die das, woran sie glaubt, auch vertreten und leben möchte. Das ist nicht immer einfach. Weder in der Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen, die unter starkem Kostendruck arbeiten und rasch Qualitätsabstriche in Kauf nehmen, noch im regionalen Umfeld, wo man das Potential der „Creative Industry“ in Person dieser Kosmopolitin noch nicht wirklich wahrgenommen hat. Für ihren Brennofen verwendet die ehemals engagierte Anti-Atomkraft-Aktivistin jedenfalls ausschließlich Ökostrom – ganz im Sinne Bernard Rudofskys, dessen Bücher Martina Zwölfer während ihrer Japan-Aufenthalte kennenlernte: „Keine neue Gestaltungsweise, eine neue Lebensweise tut not.“
Martina Zwölfer erhielt für ihre Designarbeiten zahlreiche internationale Preise. Der Verkauf ihrer Produkte an namhafte Museumsshops wie dem MoMA New York oder San Francisco, sicherten der Künstlerin weltweite Aufmerksamkeit. Es ist erfreulich, dass Martina Zwölfer jetzt auch in ihrer Heimat Niederösterreich die gebührende Anerkennung erfährt.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2007