Matthias Mander

Literatur

,,Literatur – Die in Sprache aufgehobene Erinnerung der Menschheit“

„Wüstungen“ ist der Titel seines zuletzt erschienenen Romans. Der archäologische Fachbegriff Wüstung bezeichnet eine verfallene, verlassene Siedlung, die nur noch in Spuren festgestellt werden kann. Der Titel signalisiert also untergegangenes Kulturgut, und dahinter steht wohl die Frage: Leben die Menschen heute bereits in einer kulturellen Endphase? Matthias Manders Antwort darauf ist sehr konträr. Für ihn steht der Mensch gleichsam erst am Beginn seiner Geschichte, kaum zehn Prozent seiner vom Gehirn vorgegebenen Möglichkeiten werden genützt. Der Mensch hat Zukunft. Wüstungen“ steht über diesem Werk, wohl auch stellvertretend für Wüstungen des Geistes, der Seele und der menschlichen Beziehungen. „Wüstungen“ steht auch als Symbol für Spuren vergangener Denkleistungen, die im laufe der Zeit nicht mehr weiter verfolgt werden, die es neu zu gestalten und zu formulieren gilt. Ausgangspunkt für das große Gedankengebäude dieses Romans ist der Marchfeldkanal, der Ort der Handlung das Marchfeld und Gänserndorf. In diese niederösterreichische Landschaft legt der Autor das Handlungsnetz eines Romans, der unsere Gegenwart in dichterischer Zusammenschau aufarbeitet. Das Netzwerk der Motive für Politik, Okologie, Okonomie wird auf Einzelschicksale projiziert und dargestellt. Für Matthias Mander wird die literarische Gattung Roman zur Realienkunde einer Epoche, der 80er Jahre unseres Jahrhunderts. Der Roman umfaßt die Spanne eines Jahres konkret die Zeitgeschichte vom Herbst 1982 bis zum Sommer 1983. Im Handlungsablauf wird immer wieder Bezug auf das Tagesgeschehen genommen: Waffenschmuggel, Papstattentat, Wirtschaftskrise. In diesem erschreckenden Zeitbild gewinnt der Beschluß, das Projekt Marchfeldkanal zu realisieren, rettende, richtungsweisende Dimension. Signal für die Zukunft. Matthias Mander ist es gelungen, die Gegenwart mit profunder Materialkenntnis zu einem Romangeschehen von beinahe unvergleichbarer suggestiver Kraft zu verdichten. Matthias Mander: Der Autor wurde am 1. August 1933 in Graz, Steiermark, geboren. Nach Ablauf der Handelsakademie war er in der Industrie tätig, durchlief eine Karriere vom kaufmännischen Angestellten zum Direktor einer Planungsabteilung in der österreichischen Stahlindustrie. Anläßlich einer internationalen Ausschreibung für Planungssysteme wurde ihm die ,,Pavision Management-Trophäe“ zuerkannt. Neben seiner Tätigkeit als Manager kommt er einem Lehrauftrag an der Wirtschaftsuniversität Wien nach. Dem Systemplaner gelingt eine Parallelkarriere als Schriftsteller. 1968 erscheint der Sammelband ,,Summa Bachzelt“, der literarische Durchbruch gelingt 1979 mit dem Roman ,, Der Kasuar“, an dem er, wie er bekennt, 12 Jahre intensiv gearbeitet hat. 1981 folgte ein Band Erzählungen ,,Das Tuch der Geiger“, ein weiterer Roman mit dem Titel ,,Wüstungen“, erschienen 1985, bestätigt seinen literarischen Rang. Die Themen der modernen Arbeitswelt von der manuellen Ebene bis zum Management und den politischen Entscheidungen stehen im Mittelpunkt des Interesses dieser Schriftstellerpersönlichkeit. Die notwendige Verbindung von Ethos und Arbeit, die Verantwortung des einzelnen für Mit- und Nachwelt, die Forderung nach Respektierung der Menschenwürde ziehen sich wie rote Fäden durch sein Werk, dessen christliche Motivation unverkennbar ist. Matthias Mander, Manager und Poet dazu, verheiratet und Vater von vier Kindern, lebt seit einigen Jahren in Gerasdorf bei Wien. Werke: Summa Bachzelt, Erzählungen, 1961 (Paulus Verlag) Der Kasuar, Roman, 1979 (Styria Verlag) Das Tuch der Geiger, Erzählungen, 1980 (Styria Verlag) Wüstungen, Roman, 1985 (Styria Verlag) Preise und Auszeichnungen: 1963 Literaturpreis der Tiroler Jugendkulturwoche 1964 Peter Rosegger-Förderungspreis 1966 Zweiter Preis des Paul List Verlages München (für die Erzählung ,,Das Massaker“ aus Summa Bachzelt) 1979 Anton Wildgans-Preis 1985 Prämiiert von der GZ-Literaturinitiative

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1986