«Kunstraum Weikendorf»
Von Anfang an ist das Verhältnis von Kunst und Kommune ambivalent. Bei der griechischen Polis etwa handelt es sich um ein Artefakt, das durch Beteiligung aller Mitglieder entsteht – ob sie nun Künstler(innen) sind oder nicht. Kunst ist für die Entwicklung des Kommunalen konstitutiv, gleichzeitig gilt aber der Primat des Politischen. Der Vorrang des Kollektiven vor dem Individuellen, der Praxis vor der Theorie kehrt sich erst ins Gegenteil, als das Gesamtkunstwerk Polis an der Realität scheitert. Aus den frustrierten, ehemals primär politisch aktiven Bürger(inne)n werden Künstler(innen), Wissenschaftler(innen) und ähnliche Angehörige der subjektiven Spezies. Kunst entwickelt sich in der Folge zur Spezialdisziplin, allerdings um den Preis des zunehmenden Abstands zum Sozialen. Mit seinem Projekt «Kunstraum Weikendorf» zeigt Michäl Kienzer, wie sich das altehrwürdige Spannungsverhältnis mit zeitgenössischen Mitteln produktiv machen lässt, ohne die Autonomie der Kunst gegen ihren kollektivistischen Auftrag auszuspielen. Dafür baute Michäl Kienzer das alte, leer stehende Zeughaus der Freiwilligen Feuerwehr Weikendorf zu einem kulturellen und sozialen Zentrum aus. Vor dem Hintergrund der 115-jährigen Geschichte der Weikendorfer Feuerwehr erscheint es plausibel, das alte, architektonisch markante Zeughaus als soziale Skulptur außer Betrieb zu begreifen, die deshalb nicht musealisiert, sondern revitalisiert wurde. Für den neuen Verwendungszweck adaptierte Michäl Kienzer die Innenräume des alten Zeughauses. Die genuin skulpturalen Qualitäten des Gebäudes, aber auch seine neue Funktion wurden durch wenige gestalterische Maßnahmen, wie etwa das Einsetzen einer großen Glasfläche an seiner Seite oder das Anbringen der entsprechenden Beschriftung an seiner Front, verdeutlicht. Neben der Gestaltung des «Kunstraums Weikendorf» obliegt Michäl Kienzer auch die Organisation halbjährlich wechselnder Ausstellungen, die von Künstler(inne)n speziell für diesen Ort entwickelt werden. In beiden Fällen lässt sich die künstlerische/kuratorische Praxis vom kommunalen Engagement nicht klar trennen. Im Gegenteil: Reichtum und Lebendigkeit des «Kunstraums Weikendorf» verdanken sich gerade der Berührung und Reibung und nicht der Separation der Sphären.