Michael Rosecker

Erwachsenenbildung

Das Große im Kleinen erleben

„Jeder Mensch flieht den Alltag, trotzdem lebt er ständig in ihm“. Eine zweifellos bemerkenswert und gleichzeitig doch seltsam anmutende Überlegung, wenn es um historische Feldforschungen geht. Für den in Wiener Neustadt lebenden Historiker Michäl Rosecker „gebiert“ , wie er sagt, „das alltägliche Leben die menschliche Wirklichkeit“. Grund genug also, dem Alltäglichen und vermeintlich Provinziellen eine Dissertation zu widmen. Unter die Lupe des akribischen Geschichtsforschers wurde der Mikrokosmos der Arbeitervereine in Wiener Neustadt genommen. Titel: „Zwischen Provinz und Internationale. Die frühe Arbeitervereinswelt am Beispiel Wiener Neustadt. Vom Vormärz bis 1879. Vom „Lebbar-Machen“ des Großen im Kleinen.“
Die Geschichte als Lehrmeisterin Es ist vor allem der letzte Teil des Titels – „Vom ,,Lebbar-Machen“ des Großen im Kleinen“, der beweist, dass historische Untersuchungen auch poetisch angelegt sein können und tief in unsere Gegenwart, in unser aller „alltägliches“ Leben reichen können. Roseckers Interesse richtet sich auf die Versuche einzelner Personen und kleiner Gruppen, die in einer aufbrechenden – für viele uferlosen Welt Orientierung in einer lebenswerten Gestaltung der unmittelbaren Umgebung suchen. Uferlos und vielen geradezu beängstigend mag auch der Aufbruch ins 21. Jahrhundert, mit seinen neuen Technologien und Gesellschaftsentwürfen erscheinen. Was also läge näher, als sich die Geschichte als Lehrmeisterin zu nehmen und sich vom Engagement und den Initiativen früherer Generationen etwas abzuschauen. Roseckers Dissertation öffnet uns ein alltägliches menschliches Universum von Sehnsüchten, Hoffnungen, Freude, Freundschaft, Arbeit, Mut und Trauer. Und plötzlich wird Geschichte erfahrbar.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2002