Denkmäler der Apokalypse und der Vergänglichkeit
Wie für viele bildende Künstler seiner Generation ist die Fotografie für Michäl Wrobel Ausgangspunkt, Ergänzung und Weiterführung der schöpferischen Arbeit. Der Fotografie kommt dabei völlige Autonomie zu. Früher kannte man den Begriff ,,Peintre-graveur“ (Malerstecher), heute gibt es den „Malerfotografen“, der beide Metiers beherrscht.
Michäl Wrobel, 1942 in Wiener Neustadt geboren, hat von 1964 bis 1970 an der Wiener Akademie der bildenden Künste studiert. Wie viele hervorragende Grafiker kommt er aus der Klasse Max Melchers. Ein besonderes Interesse verband ihn früh mit der Archäologie. Auf Reisen nach Etrurien und Latium intensivierte er seine Kenntnisse, ab 1975 war er mehrmals als Zeichner und Fotograf bei den österreichischen archäologischen Ausgrabungen in Ägypten beteiligt.
Was er hier objektiv und für wissenschaftliche Zwecke zu dokumentieren hatte, lieferte für sein weiteres künstlerisches Schaffen wichtige Anregungen. Das Persönliche, Meditative, die Wiederentdeckung eigener, nicht zuletzt irrationaler Bedingtheiten trat in den Vordergrund seiner Bilder. Eine umfassende Retrospektive seines malerischen und grafischen Werkes war bereits 1980 im Niederösterreichischen Landesmuseum zu sehen.
In gleicher Weise fesselte den Fotografen Wrobel Ruinenhaftes und Archäologisches. Seit 1963 setzte er sich bevorzugt mit der Dokumentation von Industrieruinen in Niederösterreich und Wien auseinander. Schon als Kind war er dem Reiz der von der Natur in kurzer Zeit überwucherten Fabriksrelikte um Wiener Neustadt verfallen. Motive, die er später hier fotografierte, bannte er als Grafiker auf seine Heliogravuren, wobei es ihm gelang, Radierung und Fotografie meisterhaft zu verbinden. Es gibt Blätter, die an antike Ruinenlandschaften Italiens erinnern. Wrobel orientierte sich jedoch an den Trümmerwüsten um Wiener Neustadt.
Vollends verfiel er jedoch der irrationalen Faszination, als er die weitläufigen Industrieruinen um Moosbierbaum und Zwentendorf für sich entdeckte. Diese mittlerweile verschwundenen, gewaltigen Trümmerstätten zeugten vom Vernichtungspotential eines untergegangenen, größenwahnsinnigen Regimes. Was dem Bombenhagel und den Sprengkommanden widerstand, davon nahm alsbald die Natur Besitz. Wrobel sah dies vorerst nicht als wissenschaftlich ambitionierter Industriearchäologe, auch wenn er sich um Interpretation und um das Wissen über die frühere Funktion der Ruinen bemühte. Das Erlebnis der Vergänglichkeit und der Tristesse, wie es diese „Bestimmungslandschaft“ vermittelte, wußte der Fotograf Wrobel eindrucksvoll in seinen Bildern festzuhalten. Was Wrobel als „großartigen Park des Nachdenkens“ bezeichnete, ist mittlerweile verschwunden, planiert oder neu bebaut, etwa durch das Kernkraftwerk Zwentendorf.
Nur mehr Wrobels Fotos zeugen von den Denkmälern einer Apokalypse, berichten über die Vergänglichkeit von Industrien und Technologien. 1982/83 fertigte der Künstler als Endfassung jahrelanger Fotostudien das Portfolio „Archäologische Zone Moosbierbaum“. Für die überzeugende ästhetische Qualität dieser Arbeit und den hohen dokumentarischen Wert wurde Michäl Wrobel der Förderungspreis zugesprochen.