Geschichtsvermittler und Brückenbauer
„Die Menschen sind füreinander da. Also belehre oder dulde sie“. Dieser Aphorismus des römischen Kaisers und Philosophen Marcus Aurelius Antoninus (121–180; Selbstbetrachtungen, IX, 59) wird von Niklas Perzi vor allem im Sinne des Belehrens seit langem in seinen vielfältigen Aktivitäten auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung bzw. Regionalforschung und der damit verbundenen Vermittlung historischer Inhalte angewandt. Dies geschieht in einer außergewöhnlichen Form der Exzellenz in enger Einbindung der Bevölkerung sowie unter medialer Begleitung.
Niklas Perzi kam im Waldviertler Waidhofen/Thaya zur Welt, einer Region, der er immer wieder auch thematisch verbunden ist. Er studierte Geschichte und Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien, absolvierte mehrere Studienaufenthalte an der Karls-Universität in Prag und erhielt für seine 1998 eingereichte Diplomarbeit „Der Tschechoslowakismus. Nation-Building in Mitteleuropa?“ im Jahr 1999 den Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich für Geisteswissenschaften zuerkannt. Darüber hinaus belegte er verschiedene Lehrgänge in den Bereichen Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit, die 2001 mit dem akademischen Grad MAS (Public Relations) abgeschlossen wurden; eine Dissertation zum Thema „Hitlers (un-)willige Helfer? Die tschechische Polizei und Gendarmerie im Protektorat Böhmen und Mähren 1939–1945“ ist im Entstehen begriffen. Er war wiederholt im journalistischen Milieu tätig, von 1998 bis 2007 Geschäftsführer und von 2008 bis 2012 wissenschaftlicher Leiter der „Waldviertel Akademie“ sowie in Projekten wie „Verfeindete Brüder an der Grenze“ (1995–1998) aktiv. Seit 2020 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für (historische) Migrationsforschung im Institut für Geschichte des ländlichen Raumes (IGLR).
Dank seiner Kenntnisse der tschechischen Sprache und Kultur liegt ein Schwerpunkt von Niklas Perzis Arbeit auf den oft schwierigen österreichisch-tschechischen Beziehungen, insbesondere mit Blick auf die vom Eisernen Vorhang geprägte Grenzregion. Ein weiterer Fokus ist sein Engagement in einer Oral-History-Initiative zur NS-Zeit in Niederösterreich, die einzigartige persönliche Erinnerungen für kommende Generationen bewahrt und gesellschaftlich hoch relevant ist. Seine Forschungen sind darüber hinaus stets von intensiven Archivrecherchen begleitet, etwa beim Projekt „Stories. Waldviertel und Südböhmen 1945–1989. Zwei Wege in die Moderne?“ (2009–2012).
Niklas Perzi ist ein ausgewiesener Experte für österreichisch-tschechische Zeitgeschichte und versteht es, komplexe historische Themen verständlich und grenzüberschreitend zu vermitteln. Seine Forschung fließt nicht nur in Publikationen wie das Geschichtsbuch Nachbarn (2019), sondern auch in Ausstellungen, Themenwege und innovative Vermittlungsformate ein. Besonders hervorzuheben sind seine grenzübergreifenden Projekte wie jener Themenweg in Reingers – Nová Bystřice sowie seine engagierte Vortragstätigkeit in Debattenreihen, Medien und geführten Touren für alle Altersgruppen.
Niklas Perzi hat mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten und seinem interdisziplinären Engagement die Regionalgeschichte Niederösterreichs und die Beziehungen zu Tschechien auf beeindruckende Weise vermittelt – ganz im Sinne des ersten Satzes des Eingangszitats. Mit praxisnaher Bildungsarbeit und dem Ziel, historische Zusammenhänge für ein breites Publikum verständlich zu machen, setzte er neue Maßstäbe in der Erwachsenenbildung. Sein besonderes Verdienst liegt im beständigen Einsatz für ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen Österreich und Tschechien – im Sinne eines respektvollen, gemeinsamen Erinnerns. Der Würdigungspreis des Landes Niederösterreich ist ihm mit großem Dank herzlich zuzusprechen.
Markus Jeitler