Petra Maitz

Bildende Kunst

best actress, more playfulness

Liest man einen Tätigkeitsbericht im Telegrammstil von Petra Maitz, dann gewinnt man den Eindruck, dieser beschreibt einen Reisenden und dessen Handlungen inverschiedenen Städten, die nicht besonders spektakulär sind, fast unkünstlerisch! ,,agito, ergo sum“ ist dem cogito vorgezogen. Es gibt Aspekte darin, die Hinweise auf ein System von Subversion weiblicher Codes beinhalten. Die Arbeit mit Faden und Nähmaschine gewährt per se keinerlei Rückschlüsse auf feministische Inhalte. Das Medium allein bedeutet nichts! Der ,,Wetterbericht“, lau, warm, heiter, hitzig, eine Arbeit in 4 Teilen, erinnert eher an Statements wie ,Langeweileschleife“ (1969) von Sigmar Polke. Witz und Lakonie sind die treibenden Kräfte. ZurArbeit,elastic space sounds“ (1997) schrieb Christa Steinle: ,,Die Objekte laden zur Partizipation ein, sie fordern aufzum Benützen. Statt autonomen Skulpturen haben wir es mit Objekten zu tun, die wir aus dem Alltag kennen und die uns zu Handlungen auffordern. Die Skulpturen leisten sozialen
Service. Die Servicefunktion und der Handlungscharakter überwiegen vor dem Objektstatus. Soziale Skulptur und soziale Handlung konvergieren. Der scheinbare Machtraum wird in einen kommunikativen Erlebnisraum verwandelt. So unpolitisch, so unbesetzt von geschlechtlichen, ideologischen Normen wie möglich. Der öffentliche Raum wird privatisiert, im Gegensatz zu den Massenmedien,
die über Gebühr den privaten Raumveröffentlichen.“ Der Postfeminismus hat seine Tücken, und dies ist der Künstlerin offensichtlich sehr bewusst. In ihren neuen Arbeiten inszeniert Petra Maitz ihre Häkelgebilde als Bekleidungselemente an Modellen und Freunden. Frauen wie Männer in provozierenden Posen vor Landschaften. Diese Fotografien bringen uns dem Vorhaben näher. Es ist wichtig
zu verstehen, dass die Ansicht Foucaults im ,,Wille zum Wissen, Sexualität und Wahrheit“ bei Petra Maitz überholt scheint. Wir befinden uns nicht mehr im 20. Jahrhundert, wir sind bereits im nachfolgenden, utilitaristischen 21., das keine analytische Betrachtung mehr braucht, angelangt. Das Transsexuelle bestimmt als
letzte Bastion den erotischen Kick. Eine Übererotisierung der sichtbaren Welt bewirkt gleichzeitig wieder eine Neutralisierung. Eine Erkenntnis der Mathematik trifft hier genau den key-Modus zum Verständnis der Arbeit von Petra Maitz. 1997/98 bediente sich Petra Maitz in ihren Arbeiten körperfarbener Gummibänder, wie man sie von Miederunterwäsche kennt, um damit eine Art Gummiplastik, wie eine Trampolinmatte, herzustellen, die über eine lärmende Antriebsmaschine in
Bewegung gehalten wird. Die Maschine erledigt die Körperarbeit (Schlapp-body). In anderen Bereichen wie der Malerei entstand 1995 eine Serie von Städtebildern. Die Bilder, von der Malerei als Skizze zur Fotografie und zum gestickten Wandtableau, erzählen von Plätzen und Strassen in Berlin und New York. Menschen als Touristen, unspezifische Subjekte in Großstädten. Wiederum handelt es sich um ein Problem von Rezeption von Kunst. Hierarchisierungen wie der Stellenwert der Malerei und der des Subjekts des Künstlers werden unterminiert. Autorenschaft ist in diesenArbeiten kaum mehr auszumachen. Der neue Trend, Haushaltsbedarfals Textualität zu sehen, ist bei Petra Maitz nicht neu, sie arbeitet seit mehreren Jahren mit Dekorstoffen
und Markisen, Stickbildern. Die Titel zu diesen Arbeiten geben Auskunft über eine Konnotation von Bedeutung und/oderNicht-Bedeutung einer ins Bild gesetzten Szene. Zum Beispiel finden wir zu Mädchendarstellungen ,,The Secret Life of Plants“ nach einem Song von Stevie Wonder oder ,,Is This Desire?“ nach P.J. Harvey. Das starke ,,Frauenkind“ nimmt in ,,Take a Hold on Me“ den jungen Bruder an die Hand. Offenbar ist in der Zuschreibung der Motive zu den Titeln eine Fragwürdigkeit intendiert. ,,Ein wenig irritative Poesie ist erlaubt“, so Petra Maitz in einem Interview. Wir finden eine gut kalkulierte Methode von Bilderproduktion, die sich an dokumentarischem Material orientiert. ,,Modernisierung, Computerisierung bedeutet nicht unmittelbar vertieftes Konzept“ sagt sie. Petra Maitz verschickt ihre Skizzen nach Pakistan, und der Ort Islamabad, an dem die Stickerei entsteht, ist gleichzeitig die Kultur, die das Bild erzeugt. Nicht-synchrones Zeitgeschehen steht im Zentrum der Überlegungen der Künstlerin, und damit antwortet sie auf eine postkoloniale Expansion unserer Kultur.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2001