Lyriker mit sozialem Engagement
Reinhard Gonaus ist ein junger Lehrer, der sich bisher hauptsächlich durch sein soziales Engagement ausgezeichnet hat. Im laufe der Zeit machte er hiebei die Erfahrung, daß in der Sprache besondere Möglichkeiten einer in die Tiefe führenden Kommunikation liegen. Ursprünglich hat er seine dichterischen Versuche bei verschiedenen Gelegenheiten und Anlässen eingesetzt, seiner Mitwelt und sich selbst zur Freude. So kommt es, daß er erst heuer mit seinem lyrischen Schaffen in einer Anthologie von Kremser Autoren in einem Buch vertreten sein wird. Der Jury lagen lediglich die Manuskripte einiger Gedichtzyklen vor, die den Ernst, aber auch das Talent des jungen Mannes erkennen lassen. Zweifellos gehört Gonaus zu jenen Vertretern der jungen Generation, die nicht im wirtschaftlichen Wohlstand und grenzenlosen technischen Fortschritt die höchsten Werte sehen. Dritte Welt und sozial benachteiligte Bevölkerungskreise sind Mittelpunkte seines Interesses. So beschließt er den Zyklus .,Beglückende Vergänglichkeit“ mit einem Gebet: Herr/ich möchte lernen /nicht zu geben /sondern mir nehmen zu lassen! Geben ist immer so /von oben herab. Ein anderes kurzes Gedicht aus diesem Zyklus:Am Grabe eines Kindes: Vier Monate nur /waren dir gegeben / Auch dieses: Ein ganzes/ Menschenleben. Manches in den Gedichten und Ansichten des jungen Dichters wird man aus Kindheits- und Jugenderlebnissen erklären können. Reinhard Gonaus wurde am 7. Februar 1947 in Wien geboren, der Vater, ein höherer Beamter, entstammt dem niederösterreichischen Alpenland, die sensible Mutter der Großstadt Berlin. Nicht ohne guten Einfluß dürfte auch der Besuch des privaten Realgymnasiums ,,Neulandschulsiedlung“ gewesen sein, an der er 1967 maturierte. Die Berufsausbildung erfolgte in einem Abiturientenkurs an der Lehrerbildungsanstalt in St. Pölten. Am 1. September 1968 erfolgte die erste Anstellung als Lehrer an der zweiklassigen Volksschule Brand im Bezirk Zwettl. Schon vor der ersten Anstellung heiratet Gonaus und gründete eine Hausstand in Krems, wohin er 1970 auch als Lehrer versetzt wurde. Der Ehe entsprossen zwischen 1969 und 1979 drei Kinder, ein weiteres Mädchen von nunmehr 14 Jahren wurde als Pflegekind in die Familie aufgenommen. Die Neugründung der Pfarre St. Paul in Krems bot Gonaus eine weitere Möglichkeit, seine soziale Gesinnung zu beweisen. Am Ende des Vietnamkrieges gründete Gonaus in Krems eine Aktivgruppe zur Aufnahme von Flüchtlingen, wofür ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen wurde. Am überzeugendsten sind Gonaus die vielen Gedichte in Kurzform gelungen. Satirische Epigramme und besinnliche Sentenzen sprechen auch die heutigen Menschen am leichtesten an. Aber auch öfter um Ausdruck gebrachter Tadel zeugt von der Kritikfähigkeit des Autors. Mehrere dieser ,,Gedichte zur Alltäglichkeit“ sind unter dem Titel ,,Diese Welt“ zusammengefaßt: Ein Beispiel Apokalypse“: Als Herodes/ die Kinder erschlug / als Hitler/ die Juden verbrannte / als Pol Pot / sein Volk schlachtete / ging’s ihnen / urn’s Prinzip. Wem aber geht’s / um die Menschen? Eine weitere Reihe von Gedichten mit dem Titel ,,Trotz allem Heimweh“ ist den Flüchtlingen aus Südostasien gewidmet. Eines von ihnen „Schutzlos“: Schäumender Wellen Kamm / zerschlug fast unser Boot. Aber der Berge Schnee:/ Ach, wie macht er uns Angst! In Rastbach, in der Nähe von Krems, lebte lmma Bodmershof, die die ostasiatische Form der Haiku im deutschen Sprachraum heimisch machte. Auch Gonaus wartet mit einer Sammlung von Haikus unter dem Titel ,,Andeutungen“ auf. Gegenwart: Hin und her schwingt das/ Pendel der Uhr. Wer kann sagen: Jetzt ist es da? Vorbild: Voll behutsamer Andacht greift nach dem Strohhalm das spielende Kind. Die schwierigste Aufgabe hat Gonaus in dem Sonettenkranz ,,Die Rose“ gemeistert, die er selbst als eine ,,lyrische Etüde“ bezeichnet. Eine Interpretation des Sonettenkranzes, einer Kunstform, die nur selten gepflegt wird, würde in diesem Rahmen zu weit führen. Gonaus beweist in diesem gelungenen Wurf, daß er nicht nur die vita contemplativa höher als die vita activa schätzt, sondern daß er bei seiner Suche nach einem Weg zur seelischen Verinnerlichung auch die ostasiatische Meditation nicht ausgeklammert hat. Möge der junge Dichter auf seinem Weg fortschreiten, immer eingedenk der Tatsache, daß in der Lyrik nur die Qualität, kaum aber die Quantität zählt.