Richard Edlinger

Musik

Schicksal Waldviertel

Hier, im Falle des Förderungspreisträgers für Musik, Richard Edlinger, hat das Waldviertel tatsächlich Schicksal gespielt. Als er nämlich im Zuge eines Ferialjobs in diesen Landstrich Niederösterreichs stieß, machte er auch gleich Bekanntschaft mit dem Internationalen Musikfestival Altenburg, und in dessen Rahmen besuchte er ein Konzert der Niederösterreichischen Tonkünstler unter Günter Auer, das ihn unverzüglich zu aktivem Musizieren inspirierte. Zurück im heimatlichen Vorarlberg folgte mit dem Beginn eines Klavierstudiums der logische nächste Schritt. Obwohl er es hier in schon kurzer Zeit zu einer beachtlichen manuellen Fertigkeit brachte, stand für den am 23. April 1958 in Bregenz geborenen Edlinger aber bald fest, daß er es mit dem Dirigieren versuchen werde. Gedacht, getan: 17jährig dirigierte er erstmals öffentlich. Womit bereits Edlingers Folgejahre angedeutet sind, also sein Studium an der Wiener Musikhochschule, wo er, im Bestreben um ein möglichst breites Spektrum, nicht nur Dirigieren bei Karl Österreicher und weiterführende Kurse bei Hans Swarowsky, Witold Rowicki, Milan Horvat und Miltiades Caridis belegte, sondern auch die Fächer Komposition, Kontrabaß, Fagott und Klavier inskribierte. Zwischendurch fand er Zeit für die Gründung des selbstverständlich von ihm geleiteten Wiener Konzertensembles, mit dem er auch Teile Niederösterreichs bereiste, hatte dann mit der Präsentation seiner Kompositionen derart Erfolg, daß ihm, der mittlerweile auch in Gars wohnhaft wurde, sowohl Wien als auch Niederösterreich Anerkennungspreise verliehen, holte sich 1981 auch noch den Dirigentenpreis des ORF-Landesstudios Salzburg und schloß dann im Mai 1982 mit einem öffentlichen Auftritt im Wiener Musikverein, an der Spitze der Niederösterreichischen Tonkünstler akklamiert, sein Dirigierstudium ab, was Herbert Müller in der Wiener Zeitung“ vom 26. Mai 1982 so kommentierte: ,,Richard Edlinger… ließ schon durch die Wahl des Werkes ahnen, daß er ein Könner ist: drei Sätze aus dem wirklich schwer zu „schlagenden“ Konzert für Orchester von Bart6k zeigten einen Dirigenten, der bereits jetzt große Souveränität ausstrahlt. Er versteht sein Handwerk wie ein Orchesterchef.“ Eine Beurteilung, mit der Müller längst nicht alleine geblieben ist, wie ein Blick auf Edlingers bisherige weitere Dirigentenlaufbahn zeigt. So hat ihn nicht nur der ORF, sondern auch der dänische und Schweizer Rundfunk für eine Reihe von Aufgaben verpflichtet, und ins internationale Rampenlicht trat er, als er 1983 beim Finale des Premio Cantelli“ an der Mailänder Scala Richard Strauss‘ ,,Tod und Verklärung“ souveränst meisterte. So ist es nur zu verständlich, daß der erst kürzlich verstorbene Dirigierlehrer unseres Jahrhunderts, Franco Ferrara, über ihn urteilte: ,, Ich glaube an Gott und Ihre Zukunft.“ Und Placido Domingo, von dessen Taktstockfaible man auch in Wien längst weiß, sagte über ihn: ,,Ich hatte das Vergnügen, Herrn Edlinger während einer Orchesterprobe kennenzulernen und finde, daß er ein beachtenswerter Dirigent ist. Seine Persönlichkeit und ausdrucksvolle Dirigiertechnik befähigen ihn, ein Orchester sicher zu führen. Richard Edlinger ist ein großes Talent, das in jeder Hinsicht gefördert werden sollte.“ Das freilich ist nur die eine Facette des Richard Edlinger. Die andere Form, sich musikalisch mitzuteilen, ist ihm die Komposition. Wobei es ihm hier vor allem darum geht, mit einer die Mystik ansprechenden, sich zudem aggressiv gebärdenden Klangwelt direkt zu fesseln. Ausgehend von einem fest umrissenen formalen Konzept sucht er dabei die rechten Mittel, um die angeschlagene Thematik ansprechend und anspruchsvoll zugleich abzuhandeln. Denn daß der Konsument seiner Stücke mitdenken muß, das setzt Richard Edlinger vorweg voraus. Etwa bei seinem Opus ,,Reaktionen“, 1983/84 für dreizehn Solostreicher geschrieben, worin er dem gesellschaftlichen Prozeß von Agieren und Reagieren durch den bewußten Kontrast eines sich schlußendlich auch noch Individualität bewahrenden Kontrabasses gegenüber den übrigen Streichern nachspürt. Oder aber: Für die allernächste Zukunft plant Edlinger ein Stück für Bildhauer und Orchester, als dessen Finale eine ihm fertige Skulptur vorschwebt, gewissermaßen das Verschwindende der Töne mit dem Bestehenden der Statue verbindend und so auch gleich die RaumZeit-Problematik anziehend. Womit aber immer noch nicht das Gesamte von Richard Edlingers Persönlichkeit eingefangen ist. Denn mitteilen will er sich nicht nur als Interpret und als aus der Tradition guter Musik zu Neuem vorstoßender Komponist, sondern auch als Veranstalter. So hat er im Rahmen der ,,Aspekte Salzburg“ ein Konzert mit selbstverständlich Zeitgenössischem arrangiert, und ist er eben dabei, sich Gedanken für ein sehr eigenwilliges Suppe-Festival zu machen, das für kommenden Februar avisiert ist. Eingedenk von Suppe-Beziehungen zu Gars will er dabei Zeitgenossen animieren, sich aus heutiger Sicht zu dieser Persönlichkeit und seinem Werk zu äußern. Was freilich ganz und gar kein Zufall ist, weiß man um Edlingers intime Beziehung zu den Walzer-Sträußen und ihrem weiten Umfeld, wofür er sich sowohl im In- wie im Ausland immer wieder engagiert.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1985