Robert Streibel

Erwachsenenbildung

Setzen Sie ein Zeichen

Mit dieser Aufforderung warb 1994 ein überparteiliches Personenkomitee in Krems erfolgreich für Spenden und Unterstützungserklärungen für die Errichtung eines Denkmals für alle ermordeten, vertriebenen und im Ausland verstorbenen Kremser Juden auf dem jüdischen Friedhof in Krems, das schließlich bereits am 9. November 1995, im Jahr der Feier desl000jährigen Bestehens der Stadt Krems, enthüllt werden konnte.
Dies ist vor allem dem engagierten und überzeugten Einsatz des Mitbegründers und Sprechers des Komitees, dem Historiker und Publizisten Dr. Robert Streibel, zu verdanken. Mag. Dr. Robert Streibel, geb. 1959 in Krems, studierte an der Universität Wien Geschichte, Germanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte. Er schloss 1984 das Lehramtstudium ab und ist seit I 987 Pressereferent der Wiener Volkshochschulen. Er organisierte mehrere wissenschaftliche Symposien zu zeitgeschichtlichen Themen, ist Autor bzw. Mitherausgeber zahlreicher Publikationen vor allem zur Zeitgeschichte in Niederösterreich und engagiert sich auch besonderes für die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte seiner Heimatstadt Krems.1990 legte er eine Dissertation über Krems in den Jahren 1938-1945 vor, und 1992 erschien seine Publikation Und plötzlich waren sie alle weg. Die Juden der Gauhauptstadt Krems und ihre Mitbürger“, ebenso verfasste er zahlreiche Artikel in den NÖN zu diesem Thema.
Es sind nicht zuletzt seine Arbeiten, die zu einer allmählichen Bewusstseins Änderung der Kremser im Umgang mit ihrer jüngeren Geschichte beitrugen. Dies bewies die Breitenwirkung und die öffentliche Unterstützung des Denkmal-Projekts in Krems.
Durch zahlreiche Begleitveranstaltungen förderte das Komitee unter Streibel die Akzeptanz und das Interesse der Bevölkerung an der Thematik: Vortrag von Oberrabbiner Chaim Eisenberg über das Judentum, Führungen durch den jüdischen Friedhof und eine „Spurensuche“ nach der ehemaligen jüdischen Gemeinde in der Kremser Altstadt, Infostände, Benefizkonzerte, die Edition einer Postkartenserie mit 8 Motiven aus dem ehemaligen jüdischen Alltagsleben in Krems und Produktion einer CD vom Eröffnungskonzert des Denkmals.
Streibel stellte 1995 in einer Kremser Galerie auch eine Ausstellung über die Geschichte der Kremser Juden zusammen, die auch im jüdischen Institut für Erwachsenenbildung in Wien 1996 zu sehen war. Er organisierte eine Spendenaktion des jüdischen Nationalfonds in Österreich für den Österreichwald in Jerusalem zum Gedenken der jüdischen Nazi-Opfer in Österreich, die auch von der Stadt Krems unterstützt wurde.
Aus Anlass des 50. Jahrestags des Massakers vom 6. April l 945 im Zuchthaus Stein initiierte und koordinierte Dr. Streibel zusammen mit der Stadt Krems die Gedenkaktion „386″. Von März bis Juni 1995 erinnerte eine Rauminstallation im öffentlichen Gelände um die Strafvollzugsanstalt Stein an das Massaker, bei dem 386 für die Freilassung vorgesehene Häftlinge von SS, SA, Volkssturm und Schutzpolizei ermordet worden waren.
Die inhaltliche Konzeption stammt von Dr. Streibel bei und beruhte u. a. auf seinen Interviews mit überlebenden und Augenzeugen. Die künstlerische Gestaltung übernahm der Regisseur und Autor Gerald Buchas. Streibel ging es vor allem um die Frage des Verschwindens und Vergessens derartiger Gräuel aus dem kollektiven Gedächtnis.
Das Projekt stellte u.a. mit einer Plakataktion, der Aufstellung von 386 weißen Kreuzen, die von Insassen der Strafvollzugsanstalt Stein hergestellt wurden, und der Rezitation von Zeitzeugentexten durch Schauspieler die Dramatik des Geschehens dar. Parallel dazu wurden Veranstaltungen mit Zeitzeugen und Historikern organisiert. 1997 gab Streibel eine Dokumentation über die Gedenkaktion heraus.
Im April 1997 präsentierten Robert Streibel und Gerald Buchas in Stein die Namen und Daten des bekannten Teils der Opfer an einer Plakatwand vor der Justizanstalt. Am 7. April 1998 fand die Veranstaltung „EinMinutenMenschenleben“ in Hadersdorf zur Erinnerung an die im dortigen Friedhof 53 Jahre davor getöteten 61 Häftlinge von Stein statt. Ebenso organisierten die beiden die Ausstellung „Memento Mori“ im Frühjahr 1998 im Weinstadtmuseum Krems mit Arbeiten eines Photographen, deren Verkaufserlös den heute in Osteuropa lebenden überlebenden des Massakers zugutekam.
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit der Letzen Jahre stellt das Leben und Wirken der Schulreformerin Dr. Eugenie Schwarzwald dar. Streibel organisierte zur Erinnerung an sie im Mai 1994 ein Symposium an der Wiener Urania und eine Photoausstellung in der Volkshochschule Galilieigasse Wien.
Dr. Schwarzwald war von 190 I bis 1938 eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten Wiens. Sie führte das erste Gymnasium, in dem Mädchen maturieren konnten. Zu dessen Lehrern zählten Oskar Kokoschka, Adolf Loos oder Arnold Schönberg, zu den Schülerinnen zählten zum Beispiel Helene Weigel, Hilde Spiel oder Vicky Baum. 1938 floh Dr. Schwarzwald in die Schweiz, wo sie 1940 starb. Die Schule wurde geschlossen, viele jüdische Schülerinnen emigrierten oder wurden ermordet oder verschleppt.
Streibel gab 1996 ein Buch über Eugenie Schwarzwald und ihren Kreis heraus und zeichnet auch für die Konzeption und Durchführung der Schwarzwald-Tage von 26. April bis 2. Mai 1998 in Bad Aussee verantwortlich. Diese Veranstaltung sollte als offene Diskussion über Politik, Kultur und Kunst zum Thema „EuropaKultur. Europa der klugen Köpfe. Eine Vergangenheit“ mit Referenten wie Dr. Erhard Busek und MiloDor an Schwarzwalds Salons am Grundlsee und in Wien anknüpfen.
Dr. Robert Streibel setzt sich mit seinen Arbeiten für eine offene Auseinandersetzung mit der Geschichte ein und versucht zu einer bewussteren Haltung der Bevölkerung in ihrem Umgang mit der Vergangenheit beizutragen.
Seine Arbeiten und Botschaften gehen über die übliche wissenschaftliche Publikation, die sich nur an den engen Fachkreis der Historiker richtet, hinaus. Streibel beherrscht eine Bandbreite moderner vielfältiger Methoden der Vermittlung, die es ihm ermöglichen, seine Arbeiten an eine breitere Öffentlichkeit zu richten. So kann er durch Vorträge und Essays in Zeitungen, Zeitungswochenendbeilagen und Zeitschriften, durch Symposien, Ausstellungen und aktionsorientierte Arbeiten wie Installationen und Gedenkveranstaltungen auch einen weiteren Kreis erreichen und sowohl Information weitergeben als auch Betroffenheit erzielen.
Historiker wie Dr. Streibel bei sind für einen aufgeklärten und verantwortungsbewussten Umgang mit der Geschichte unserer Heimat unentbehrlich.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1998