Die Schönheit des Puren und Unverfälschten
Rudolf Goessl und sein Werk sind eine stille Größe im österreichischen Kunstbetrieb, von Informierten geschätzt, trotzdemnoch immer zu entdecken. Die Retrospektive seiner Arbeiten in St. Pölten 2013/2014 bot zuletzt die Gelegenheit, seine konsequente Haltung und Entwicklung als Maler und Ausloter farbklanglicher Möglichkeiten und Bildräume neu wahrzunehmen. Die Ausstellung in der Shedhalle zeigte Gruppen von Malereien, die eindrucksvoll die lange und tiefgehende Auseinandersetzung von Rudolf Goessl mit dem Medium Malerei in seiner grundsätzlichen etablierten Form als Leinwandbild vorführten und dabei den Eindruck des Etablierten so gar nicht aufkommen ließen. Eher war es der Eindruck einer frischen, offenen Auseinandersetzungmit einem alten Medium wie der Malerei, der dabei entstand.
Rudolf Goessls Malereien stehen in einer Linie mit den Entwicklungen der Malerei nach 1945 hin zu kontemplativen minimalen Möglichkeiten. In diesem Kontext vertrat er diese malerische Entwicklung als einer der Ersten in Österreich und vertiefte und entwickelte sein künstlerisches Tun und Werk beständig und konsequent weiter. Sein Werk steht zeitgleich zu den internationalen Entwicklungen in der Malerei, auch wenn es die Stille und Zurückgezogenheit seines Arbeitens und Agierens zu wenig mit sich gebracht haben, dass seine Arbeiten mit den maßgeblichen Pionieren der Reduktion und malerischen Entschiedenheit in internationalen Ausstellungen zu sehen waren. Heute überzeugen seine malerische Ernsthaftigkeit und die Qualität seiner Bilder, die für eine nicht nur künstlerische, sondern darüber hinaus auch ethische Haltung stehen – gerade vor dem Hintergrund der oft lauten Kurzlebigkeit von Moden und Hypes, die an ihm und uns vorübergezogen sind.
Seine Bilder sind in ruhigen Farbtönen gemalt, oft mit Erdfarben und in verhaltener Farbigkeit. Die Ergebnisse eines unaufgeregten, kontemplativen Malvorgangs sind zu sehen. Den Malereien ist oft etwas Erdiges, aber auch Atmosphärisches zu eigen, sie wirken wie Klangräume, wie Aufzeichnungen von Stimmungen, von prinzipiellen Erfahrungen, die tief berühren, aber verbal nur unzureichend beschrieben werden können. Jedes Pathos ist diesen Bildern fremd, man kann sie übersehen, wenn man sich nicht auf das Sehen, auf den wiederholten Blick, auf ein Zulassen und Abwarten einlässt. In Gruppen vermitteln Goessls Bilder etwas von seinen Reisen durch Bild- und Gedankenräume. Bewegung wird in kleinen Verschiebungen und Veränderungen der Farbigkeit und der rudimentären kompositorischen Ansätze nachvollziehbar, die Bilder sprechen dann zueinander, stellen Fragen, Antworten und Entwicklungsschritte dar. Goessls Malereien folgen in ihrer Konzentration auf die farbliche Ebene einem musikalischen Prinzip, die Eigensprachlichkeit der Malerei jenseits der Begriffe und Ordnungssysteme wird vorgeführt und ausgelotet, nichts ist in diesen Bildern zu sehen, was außermalerische, erzählerische oder anekdotische Elemente vorführen würde. Eine große Ruhe und Entschlossenheit wird vorgeführt, ein hohes Bewusstsein für den Augenblick, für Grundsätzliches, für die Schönheit des Puren und Unverfälschten ist diesen Bildern eingeschrieben. Was so leicht und klar und einfach wirkt, ist Ergebnis einer Disziplin jenseits von Verbissenheit und falschem Ehrgeiz, ist Frucht der geistigen und malerischen Arbeit vieler Jahre, hat in seiner Entschiedenheit etwas leicht Übersehbares, nämlich Tiefe. In ihrer Konsequenz, Sensibilität und Entschiedenheit überzeugen sein Werk und seine Haltung über die Jahre ihres Entstehens und laden zu vertiefender Betrachtung, Versenkung und Auseinandersetzung ein. Die Betrachtung von Rudolf Goessls Bildern lohnt die Zeit, die dafür eingesetzt wird, und öffnet Räume jenseits von Oberflächlichkeit und falschem Glanz.
Die Jury des niederösterreichischen Würdigungspreises für bildende Kunst hat die Möglichkeit gerne wahrgenommen, einen stillen und konsequenten Künstler nach einer langen Erforschung zu Wesen und Möglichkeiten des Malerischen durch die Verleihung dieses Preises zu ehren und auf die Notwendigkeit von Konsequenz und derart Nachhaltigkeit im Verfolgen künstlerischer Ziele hinzuweisen.