Thomas Freiler

Medienkunst
Künstlerische Fotografie
Image

Der Blick der Maschine

Thomas Freiler verwendet für seine Arbeiten die verschiedensten Kamerasysteme. Und wenn die vorhandenen Apparate nicht die Funktionen erfüllen, die er benötigt, um seine Bildräume darzustellen, dann baut er eben eigene Kameras – wie die «CO 4», eine Camera obscura, im Jahr 1999 für Aufnahmen urbaner Räume entwickelt; oder die «CO 5», die mittels zweier Objektive jeweils zwei Bilder gleichzeitig aufnimmt, die der Betrachter dann, ausgestattet mit einer 3-D-Brille, wie ein 3-D-Modell erleben kann. «Der Blick der Maschine», wie es Thomas Freiler nennt, trifft auf den Blick des Betrachters. Apparate und Menschen interagieren. Der Einfluss der technischen Produktionsmittel auf die Bilder ist in jedem Fall ein beabsichtigter, kein zufälliger, keiner, der sich den Gegebenheiten unterordnet. In diesem Sinn steht Thomas Freiler in der Tradition der Forscher und Künstler des frühen 20. Jahrhunderts, die, um ihre Visionen und Utopien umzusetzen, neue Produktionsmittel, Maschinen und Räume erfunden haben. Um ihre Vorstellungen erfahrbar zu machen, mussten sie zu Erfindern und Konstrukteuren werden. Ästhetische Fragen und technische Lösungen sind dabei eng verknüpft. Thomas Freilers Erfindungen sind Versuchsanordnungen an der Schnittstelle zwischen der realen Welt der Apparate und den Visualisierungen der virtuellen Welt. Analoge Arbeitsmittel erzeugen Wahrnehmungsverschiebungen in digitale Simulationsszenarien. Das Resultat sind fotografische Abbildungen, die ohne seine selbst gebauten Kameras nicht möglich wären, immer an den Grenzen der technischen Machbarkeit. Thomas Freiler erfindet seine eigenen Realitäten, baut seine eigenen Apparate und ermöglicht dem Betrachter damit, in nie gesehene Räume einzutauchen.Schon in seinen frühesten Arbeiten wurde diese Realitätskonstruktion sichtbar, «dieses Verfließen der Grenzen zwischen der Welt unserer Vorstellung und der realen Welt», wie Thomas Freiler es beschreibt. Von den fotografischen Inszenierungen der frühen 1980er-Jahre bis zu den apparativen Versuchsanordnungen der Gegenwart reicht sein künstlerisches Spektrum.Aber immer bleibt er mitten im Medium: der Fotografie.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2008