Malerei, immer noch
Seit fast 50 Jahren beschäftigt sich Thomas Reinhold (geb. 1953 in Wien, lebt und arbeitet in Wien und Niederösterreich) mit Praxis und Theorie der Malerei und zählt international zu den anerkanntesten österreichischen Vertretern. Ende der 1970er Jahre war Reinhold einer der Initiatoren der „Neuen Wilden Malerei“, die vor allem für ihre großen Gesten, subjektiven Zugänge und expressive Farbigkeit bekannt war. Aus dieser Bewegung kommend, entwickelte er sein künstlerisches Werk konsequent weiter – jedoch nicht laut und brachial, sondern ruhig und konzentriert.
Während und unmittelbar nach seinem Studium von 1974 bis 1978 an der Universität für angewandte Kunst in Wien beschäftigte sich Reinhold mit Collage, Text, Installation und Fotografie, wandte sich dann aber ab den 1980er Jahren vor allem der Malerei zu. Gegen Ende der 1990er Jahre zeigt sich in seinem Werk eine zunehmende Abstraktion der Darstellung.
Reinhold arbeitet vorrangig in Serien: „Bild“, „Stäbchen und Zapfen“, „Matrix“ oder „Ariadne“ heißen seine Werkgruppen, ebenso die „Pendants“. Über diese hat er 2017 gesagt: „Während des Malens versuche ich mich – im Sinne eines Pendants – direkt in den Gegenstücken meiner Wahrnehmung aufzuhalten.“
Zumeist im mittleren bis größeren Format untersucht Reinhold mit jeder einzelnen Arbeit das Zusammenspiel von Farbe und Form, künstlerischer Lenkung und Zufall. Gedecktes Rosa und Grau kontrastieren mit sattem Gelb und Ocker, schwarze und weiße Flächen strukturieren die Leinwand, die immer wieder von Farbrinnsalen überzogen wird, die aus dem Bildzentrum nach außen zu fließen scheinen.
Seine Malerei ist eine Befragung – sowohl Praxis als auch Ergebnis physischer und psychischer Anstrengung. Der medienreflexive Zugang bildet das zentrale Charakteristikum seiner Arbeit, die formal unterschiedliche Ausprägungen angenommen hat. Reinholds Malerei verbindet einen konzeptuellen wie sinnlichen Zugang. Das Medium wird dabei zu einer empirischen und Erfahrungswissenschaft, kann aber auch einfach als pure Farbe wirken. Mittels malerischer Praxis untersucht Reinhold Materialität, Farbe sowie komplexe Themen wie Wahrnehmung, Raum und Zeit: „Die Malerei geht nach und nach in malerischen Schichten vor sich (…) und wird zum malerischen Raum.“
Reinhold möchte keine Gegensätze versöhnen, sondern diese zulassen: Intellekt und Zufall, Gestik und Überlegung bedingen einander. Malerei fungiert als Mittel der Erkenntnis, übernimmt „das Denken“ und agiert autonom, wie es Gerhard Richter formulierte: „Das Denken ist beim Malen das Malen.“
Das Festhalten am „langsamen“ Medium Malerei, unbeirrt von möglicher Anachronistik, zeichnet Reinhold aus. Er steht in einer Tradition vielfältiger Malerei, die auch in digitalen Zeiten ihre Relevanz nicht verliert. Als Unikat, als direkte Verbindung von Kopf, Bauch und Hand, entsteht die Farbe fließend, Texturen und Farbtöne werden erforscht, die Bildgestaltung punktuell und intuitiv gesteuert. Seit 20 Jahren bestimmt Reinhold die Farbführung und Bildstruktur nicht mehr primär mit dem Pinsel, sondern direkt mit der Hand.
Die Qualität seines künstlerischen Outputs, die Stringenz und Unermüdlichkeit, mit der er stets ein „gültiges Bild“ hervorbringt, haben die Jury einstimmig dazu bewogen, ihm den Würdigungspreis im Bereich „Bildende Kunst“ zu verleihen