Ulrich Küchl

Musik

Keine Angst vor Romantik

Sein Kompositionsstil schreckt auch vor Neo-Romantik nicht zurück. Die gelegentliche Anwendung dodekaphoner Techniken sowie die Einbeziehung von Elementen der Minimal Music in Verbindung mit der erwähnten Neu-Romantik rechtfertigen die Bezeichnung ‚postmoderner Personalstil“, charakterisiert Ulrich Küchl mit der fürihn typischen Prägnanz seine musikalische Handschrift, die sich mittlerweile in einem über 20 Opera umfassenden Werkverzeichnis dokumentiert. Begonnen hat der als Sohn eines banatdeutschen Vaters und einer baltendeutschen Mutter 1943 in Königsberg geborene und seit 1976 als Propstim Waldviertler Eisgarn wirkende Ulrich Küchl seine kam positorische Tätigkeit durchaus zufällig. Als ihm der damalige St.Pöltner Generalvikar Alois Tarnpier einen seiner Gedichtbände zukommen ließ, revanchierte sich Küchl, indem er diese Texte vertonte. „Besinnliches“ ist der Titel dieses als Opus 1 bezeichneten Liederzyklus für mittlere Stimme und Klavier aus 1981. Schon im Jahr darauf entstanden zwei weitere Liederzyklen. Sie wurden beim Carinthischen Sommer 1983 uraufgeführt, wo in den folgenden Jahren auch Küchls beide Streichquartette, das Violin-Klavier-Duo ,,Konstrate I“ sowie die auf einem Text von Christine Sommer nach dem Buch „Exodus“ bauende Kirchenoper „Tamar“ erstmals zu hören war. Ehe er sich an diese Stücke machte, betrieb Küchl Privatstudien bei Gottfried von Einem, der Küchls spezifische Begabung unverzüglich erkannte. Mittlerweile hat Küchl unter anderem mehrere Kammermusiken und ein Concerti no für Kontrabaß, ein Klavierquartett, eine ,,Vivens, vivens celebrat Te“ übertitelte Orchestermusik für mittleres Orchester, das Chorstück ,,Voces“, aber auch bewußt mit dem U rauffüh rungsort in Verbindung stehende Werke geschrieben – wie die für Streicher und Trompetenquartett konzipierten ,,Waidhofner Fanfaren“ oder die hier anläßlich der ,,Internationalen Chorakademie Krems 1995″ erstmals öffentlich musizierte „Grafenegger Messe“. Immerhin läßt Küchl keinen Zweifel, daß er seine kompositorische Tätigkeit aus einem sehr christlichen Blickwinkel sieht, wenn er formuliert, daß jeder Christ aufgerufen ist, seinen aktiven Beitrag zur Schöpfung zu leisten, womit er freilich auch gleich jenen die Segel aus dem Wind nimmt, die meinten, daß Christentum und Kunstausübung nicht im mer miteinander harmonierten. Im Gegenteil, gerade als Christ sieht Küchl hier seit jeher seine spezifische Herausforderung – so hat er nicht nur Mitte der achtziger Jahre in Eisgarn die ,,Propstei-Konzerte“ etabliert, die mittlerweile ,,Waldviertler Stiftskonzerte“ heißen. ,,Priestercom ponist oder Com po nisten priester?“, stellt sich Küchl hier denn auch gleich die Frage, die er folgendermaßen für sich löst: ,,Schwer deshalb zu beantworten, weil ich beide Rollen ohnehin nur als zwei verschiedene Weisen der einen Hingabe an das Transcendente empfinde.“ Womit Ulrich Küchl – er ist übrigens in Waidhofen an der Ybbs aufgewachsen, hat anschließend Theologie und Philosophie an der Theologischen Hochschule St. Pölten studiert, wurde 1966 zum Pfarrer geweiht, 1972 zum Pfarrer von Waldkirchen an der Thaya ernannt und wechselte von dort 1976 als Propst nach Eisgarn – übrigens auch schon einiges von seinem grundsätzlichen kompositorischen Credo verrät. Ehrgeizig sind auch Ulrich Küchls gegenwärtige und künftige Vorhaben – so arbeitet er nicht nur an einem Duo und einem Trio, dessen Besetzung er noch nicht bekanntgeben will, sondern auch an einem Konzert für Orgel und Pauken. Und von den drei für nächstes Jahr geplanten Uraufführungen nennt er zuvorderst eine für seinen Bruder Rainer Küchl, den Ersten Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, gedachte Violinsolosonate. Sch ließ lich hat U l rich K ü ch l auch noch vor, eine weitere CD aus seinem Schaffen zu produzieren – ,,Kontrabass-Musik. Kontrabass und Klavier“ heißt die erste, 1994 entstandene CD, die mit dem fünften Satz aus Küchls Kontrabaß-Klavier-Nachtmusik sowie dem Kontrabaß-Concertino, ausgeführt von Michäl Bladerer und Bernhard Hickel, konfrontiert. Der Kontrabassist Michäl Bladerer und die Konzertmeisterin des Linzer Bruckner Orchesters, Birgit Kolar, sollen nun die Mitwirkenden auf einer weiteren CD mit Ausschnitten aus demjährlich stetig wachsenden Oeuvre dieses nunmehr mit einem Niederösterreichischen Musik-Förderungspreis ausgezeichneten Komponisten sein, der mit seinem Wirken exemplarisch die schöpferische Symbiose von gelebtem Glauben und innovativer Kunst demonstriert.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1997