Die Anpackerinnen und Anpacker
Hohenau liegt im nordöstlichen Zipfel Niederösterreichs an der Grenze zu Tschechien und zur Slowakei. 140 Jahre lang prägte die große Zuckerfabrik den Ort und ließ ihn zu einer Mischung aus Industriesiedlung und Straßendorf werden. Als die Fabrik 2005 geschlossen wurde und viele Menschen zum Pendeln gezwungen waren, stand zu befürchten, dass das Gemeindeleben massiv darunter leiden würde.
Dass dem nicht so ist, liegt am beachtlichen sozialen und kulturellen Engagement, das nicht zuletzt durch das Museum von Hohenau repräsentiert wird. Auch dieses Museum erlebte manche Höhen und Tiefen: Es wurde bereits 1936 gegründet, fristete dann jahrelang ein Schattendasein, ehe es Ende der 1990er-Jahre neuerlich aktiviert wurde und an seinen jetzigen Standort übersiedelte – in das Geburts- und Wohnhaus des Filmschauspielers Oskar Sima.
Zu sehen sind im Museum die wechselvolle Ortsgeschichte, eindrucksvolle Exponate zur Nordbahn sowie eine Ausstellung über Oskar Sima. Zu den Besonderheiten des Museums zählt das reiche Spektrum an Aktivitäten, mit dem es sich in der Bevölkerung verankert hat. Jährlich organisieren die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwei bis drei Sonderausstellungen, veranstalten Museumsfeste, Ortsführungen und Erzählcafés und pflegen intensive Kontakte zu Museen in Mähren und der Slowakei.
Gesammelt wird nicht nur Materielles, sondern auch Immaterielles – zum Beispiel Ausdrücke des regionalen Dialekts, der sich aus dem Slowakischen und Tschechischen speist. Viel Augenmerk wird auf die Nachwuchsarbeit gelegt. Die Zahlen sprechen für sich: Über 180 Mitglieder zählt der Verein, etwa 90 arbeiten aktiv mit.
Über die Einbeziehung der Bevölkerung wird bei vielen Museumstagungen gerne theoretisiert – in Hohenau wird dies seit vielen Jahren selbstverständlich und erfolgreich praktiziert. Im Erinnerungsjahr 2019 setzte der Verein gemeinsam mit Partnerinstitutionen in Niederösterreich und in der Slowakei ein reichhaltiges Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm über die Auswirkungen der Öffnung des Eisernen Vorhangs auf die Region um.
Für dieses Projekt arbeiteten interessierte Lokalhistorikerinnen und Lokalhistoriker mit der wissenschaftlichen Community zusammen – und zeigten beispielhaft, wie lokale Erinnerungskultur mit aktueller Forschung erfolgreich verbunden werden kann.