Walter Stelzhammer

Architektur
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Bauen als Forschung und Entwicklung von Typologien

Walter Stelzhammer gehört zur Generation von Architekt(inn)en, die unter den bedeutenden Meisterschullehrern Ernst A. Plischke und Roland Rainer studierten. Auf diesem soliden Fundament aufbauend, entwickelte der Absolvent der Akademie der bildenden Künste schon früh eine klare architektonische Ausdrucksform. Die Auseinandersetzung mit dem Ort prägt seine Bauaufgaben ebenso wie die gezielt eingesetzte Aktivierung des Raums. Einfamilienhäuser, Umbau- und Sanierungsarbeiten bildeten erste Bauaufgaben. Die 1981 bis 1983 erfolgte Revitalisierung des Wohnhauses in der Karmelitergasse in Wien markierte indes schon am Beginn der Tätigkeit von Walter Stelzhammer eine wichtige Etappe: Dieses Projekt war durch eine besondere Zuwendung zu den Bewohner(inne)n und ihren Bedürfnissen, in diesem Fall in Form einer partizipativen Planung sowie durch ein ausgeprägtes konzeptionelles und strukturelles Denken, gekennzeichnet. Seine Arbeiten sind von einem starken Formwillen getragen, der sich aber nie verselbstständigt, sondern seinen typologischen Überlegungen folgt, diese nach außen sichtbar, in ihren Volumina erlebbar macht. Dabei spielt die Beziehung zwischen innen und außen, zwischen gebautem und leerem Raumvolumen eine besondere Rolle. Walter Stelzhammer ist einer jener Architekten, die durch ihr Bauen immer wieder auch spannende Freiräume schaffen. Seine Arbeiten zeichneten sich durch die Einbindung und Integration des leeren Komplementärraums in ein vielfältig nutzbares Gesamtgefüge aus. Das «türkische Haus», ein sehr individueller Eigenbau des Architekten in Ölü Deniz, bildet eine beispielhafte Lösung für sein Bauen in und mit der Landschaft. Das Holzhaus vor den steilen Küstenfelsen vereinigt Traditionen des Bosporus mit moderner Bewegtheit und Experimentierfreude. Das Haus bildet eine eigenständige Antwort auf eine spezifische Situation: «Der Holzskelettbau ist additiv gegliedert und durch Gelenkausbildung leicht gekrümmt, den Schichtenlinien des Hangs entsprechend. Die Stützmauer aus vor Ort gewonnenen Natursteinen weist eine Gegenkrümmung auf, sodass sich zwischen Haus und Mauer ein mandelförmiger schattiger Innenhof ausbildet. Die Schmalseiten des Hofs werden durch zwei alte Affenbrotbäume begrenzt.» Diese Eigenbeschreibung des Architekten bringt das Besondere dieses Objekts auf den Punkt und verweist zugleich auf ein Allgemeines in seinem Werk: Seine Architektur entwickelt sich ideenreich, manchmal geradezu poetisch aus den örtlichen Gegebenheiten und Topografien, schafft einen besonderen Ort – Rücksicht nehmend auf den vorgefundenen Bestand, neugierig interessiert am kulturellen Transfer. Walter Stelzhammer hatte mehrfach Gelegenheit, auch in Niederösterreich zu bauen. Bereits 1987 entstand ein Bürogebäude mit Arbeits- und Lagerhalle in Wolkersdorf, später folgten mehrere Einzelhäuser, zwei davon in Klosterneuburg. Diesen Bauten gemeinsam ist eine sorgfältige, unprätentiöse, aber selbstbewusste Haltung. Sie zeigen sich als sensibel im Umgang mit dem Gelände, nach innen großzügig organisiert, die Umgebung in das Haus hineinführend, bemerkenswert in der Lichtführung. In Langenlois konnte Walter Stelzhammer in exemplarischer Weise vorführen, welche Möglichkeiten verdichtete Wohnformen in ländlichen Gemeinden eröffnen. Auf den Pflanzlgründen wurden in einer ersten Bauphase Seniorenwohnungen in zwei ostwestlich ausgerichteten und dem Geländeverlauf entsprechend halbgeschossig versetzten Zeilen errichtet. Die Wohnungen verfügen entweder über vorgelagerte Gartenhöfe im Erdgeschoss oder über Dachterrassen in den darüber liegenden Wohneinheiten. In der Lewischgasse entstand als zeitgemäße Entsprechung des Langenloiser Barockhofhauses eine außergewöhnliche Atriumbebauung. Lage, Größe und Geometrie des Grundstücks ermöglichten die Errichtung von drei Wohnhäusern mit je vier Wohneinheiten, die zu einem Siedlungskörper zusammengefasst sind. Diese kreativen Wohnbauten von Walter Stelzhammer zeigen einen Weg, der für den Wohnbau in Niederösterreich zukunftsweisend sein kann. Seit 15. September 2010 ist er Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2010