Schreiben Sie drauflos …
Den Film Frontpage“ (Extrablatt) mit Walter Matthau und Jack Lemmon in den Titelrollen (Regie: Billy Wilder) hat er an die fünfzehnmal gesehen. Andreas Weber kann ihn auswendig rezitieren. Obsessiv wie er ist, macht er aus allem, was ihn interessiert, seine leidenschaftliche Sucht. Er betreibt das Anschauen von Filmen extensiv, ja fast exzentrisch bis hin zum Kult: ,,Rocco und seine Brüder“ von Lucchino Visconti, ,,All That Jazz“ von Bob Fosse – alles Webers Kultfilme. für die relativ kurze Zeitspanne, die Andreas Weber (Jahrgang 1961) nunmehr seit 1995 literarisch als Besessener tätig ist, ist ihm bereits etliches an Projekten gelungen. Viele der Kreativinitiativen dieses freien, unaufhaltsamen, verbissenen und glücklicherweise kindisch gebliebenen Schriftstellers, engagierten Herausgebers und sensiblen Filmemachers sind zeitweise noch Opfer österreichischer Verzögerlichkeit. Denn kaum etwas realisiert sich so vital, triebhaft und zügig, wie es der Autor im allgemeinen von sich aus durch und durch projektorientiert – vorantreiben will.Weber pendelt zwischen Linz, St. Pölten und Wien, Oberösterreich und Niederösterreich, begann ursprünglich mit erfolgreichen Reportagen und endete wie selbstverständlich bei der Literatur. Dabei denkt und schreibt er in großen Zusammenhängen, erstellt in der Regel zyklisch angelegte literarische Projekte. Zu erwähnen ist hier beispielsweise sein mehrjähriges „Grenzfahrt“-Projekt. Es umfaßt Geschichten, die allesamt an den österreichischen Außengrenzen handeln. Dazwischen liegt dann und wann ein Interview mit Arnim Müller-Stahl in Lübeck für ein Bernhard-Wicki-Projekt, dann einmal ein Ernest Hemingway-Feuilleton für das ,,Spectrum“ der Tageszeitung „Die Presse“:„Macho, Maniac, Moralist“. Tags darauf ein break up bei Fischerfilm für einen 25minütigen Kurzfilm, etc.Andreas Weber produziert riskant und vielfach – anfangs – ins Blaue hinein. Erstmals als Autor bekannter wurde Weber mit seinen acht Erzählungen in einer Landschaft, die als Buchdebüt unter dem Titel „Nachtspiel“ im Verlag Bibliothek der Provinz 1996 herausgekommen sind. Außer dem Verlagshaus ,,Bibliothek der Provinz“ hat auch die ,,Literaturedition Niederösterreich“ Arbeiten von Weber publiziert. Davor veröffentlichte er häufig in literarischen Zeitschriften. Geboren wurde Andreas Weber, Mag. phil., am 24. Dezember 1961 in Horn. Seine Kindheit verbrachte er in Gobelsburg und Langenlois, im Niederösterreichischen abseits der Metropolen. Nach dem Besuch des Bundesrealgymnasiums Krems an der Donau studierte Weber in Wien Germanistik und Geschichte. Ab 1990 war Weber halbtags beim Interkulturellen Lernen (Ausländerintegration in Wien) angestellt, daneben übersetzte er Gebrauchstexte und arbeitete als Journalist.Als Sprachlehrer ging er 1992 nach Slowenien, danach nach England. Hier entstanden seine Erzählungen für ,,Nachtspiel“. Von 1994-1998 war er als Berufs- und Sozialpädagoge in einem BFI-Integrationsprojekt für arbeitslose Jugendliche inWels tätig. Diese Vielzahlvon Eindrücken und Tätigkeiten färbte auch auf sein Schreiben ab.Webers umtriebige Vielseitigkeit kombinierte sich schon früh mit einem äußerst ausgeprägten Lesetrieb. Als Werksstudent lernte Weber die Welt außerhalb der Lesewelt vor allem auch aus der Perspektive der handwerkenden undweniglesenden Menschen kennen: Weber jobbte als Fabrikarbeiter, Vertreter in Deutschland, Gasleitungsmonteur, in der Werbebranche, als Journalist (Volksstimme, Falter, Arbeiterzeitung).Webers spezielle Vorliebe für Autorenporträts schlug sich übrigens nicht nur in seinem gemeinsam mit Joerg Burger gedrehten Dokumentarfilm ,,Dear Fritz-Ein Film über den Schriftsteller Fritz Habeck“ nieder. Oder in seiner filmischen Abhandlung (,,Der Speckjäger“) über den Schriftsteller und Schriftsetzer Hermann Gail. Derzeit arbeitet Andreas Weber an einem Buch über Bernhard Wicki (,,Die Brücke“, 1959; „Das Spinnennetz“, 1989).Andreas Webers literarische Energiequelle könnte aufgrund eines Satzes kommentiert werden, der die Erzählung „RudolfAtzbacher“ eröffnet, denn hier heißt es: Schreiben Sie, schreiben Sie drauflos. Wenn einer ein guter Schriftsteller ist, dann weiß er, was wichtig ist für ihn und andere, da braucht er gar nicht erst lange nachdenken, sagte der Schriftsteller RudolfAtzbacher zu mir …