Regisseurin mit Herz und Verstand
Erste Anzeichen von zielorientiertem Talent zeigten sich schon im Kindergarten. Die kleine Beverly Blankenship, sie war damals drei Jahre alt, gab den Jesus im Weihnachtsspiel und hat, wie sie sich erinnert, ,,von der Krippe aus Regie geführt. Ich habe nicht nur allen ihren Text eingesagt, sondern auch Anweisungen gegeben, wohin sie gehen sollten… “ Dennoch war der Weg für die Tochter des großen amerikanischen Tenors William Blankenship zur Regie-später, in Linz, sollte sogar ihr Vater auf der Bühne ihren Anweisungen folgen – noch weit. Geboren in San Antonio, Texas, erlebten sie und ihre drei Geschwister ( alle künstlerisch vorbelastet und künstlerisch tätig) das klassische Leben von „Schauspieler-Kindern“: Sie zogen mit den Eltern herum, von einem Engagement zum anderen. Die Kindheit von Beverly Blankenship spielte sich zwischen Klagenfurt und Braunschweig, Bern und Mannheim und schließlich sehr lange in Wien ab, wo der Vater an derVolksoper und an der Staatsoper sang und Beverly das Bach-Gymnasium in Mödling und anschließend das Reinhardt-Seminar besuchte.Sie studierte Schauspiel, ,,denn damals, 1970, wäre mir noch gar nicht eingefallen, daß Frauen auch Regisseurinnen sein könnten“, sagt sie. Nun, zu jenen, die das Berufsbild Regisseur auch auf die weibliche Hälfte der Bevölkerung ausgeweitet haben, zählt Beverly Blankenship. Die nach dem Studium zuerst ans Salzburger Landestheaterkam-als Schauspielerin natürlich. Später hat sie auch hier als Regisseurin gearbeitet, und frühere Kollegen-etwa Hanne Rohreräußerten sich schlechtweg begeistert über ihre „Merlin“-Inszenierung. Das Leben von Beverly Blankenship nahm eine Wendung, als sie ihre Eltern in Australien besuchte -ihrVater hatte damals eine Gastprofessurin Sydney. Gatte Nr. 2., der Australier Michäl Brindley, war Autor, Regisseur, Filmemacher, mit ihm schrieb sie Drehbücher, machte Filme, arbeitete auch erstmals als Regisseurin in Theatern. Nach 14 gemeinsamen Jahren mit Brindleykam Blankenship wieder nach Europa, und nun schlug endgültig die Stunde der Regisseurin. 1989 inszenierte sie „Maria Stuarda“ von Dacia Maraini in der Drachengasse, ihre erste Regie in Europa, und seither ist sie ,,in Wien zuhause“, wenngleich der Beruf sie von einem Ort zum anderen führt. Als Peter und Renate Loidolt Beverly Blankenships Inszenierung von ,,Die Bouncers“ in der Drachengasse sahen-eine Kritikerin hatte ihnen die junge Regisseurin empfohlen-, erkannten sie sofort die gleicherweise handwerklichen wie intellektuellen Fähigkeiten derjungen Regisseurin. Dennoch war es ein Risiko, ihr Arthur Schnitzlers ungemein schwieriges Gesellschaftspanorama ,,Das weite Land“ anzuvertrauen. Andererseits hegte BeverlyBlankenship, die Österreich nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen versteht, eine besondere Vorliebe für diesen Dichter und hatte sich viel mit ihm beschäftigt. Kurz, das Ergebnis war glanzvoll, ,,Das weite Land“ 1992 in Reichenau (mit Wolfgang Hübsch, Marianne Nentwich, Franziska Sztavjanik, Ulrich Reinthaller u. a.) wurde ein großer Erfolg. Mit „Zwischenspiel“ (1995) erweckte Beverly Blankenship (mit Hilfe der mittlerweile tragisch verstorbenen Nicolin Kunz und Bernhard Schir) ein weitgehend vergessenes Schnitzler-Stück zu eindrucksvollem Bühnenleben, im Jahr darauf inszenierte sie ,,Der einsame Weg“. Aber es mußte nicht ausschließlich Schnitzler sein: Beverly Blankenship nahm sich auch Werfels ,,Jacobowsky und der Oberst“ an (1993), zauberte Carlo Goldonis ,,Trilogie der Sommerfrische“ auf die Bühne und fand 1998 für Turgenjews ,,Trilogie der Sommerfrische“ gleicherweise den Ton von Elegie undvon Kritik, mitwelchen der Dichter aufseine untergehende Großbürgergesellschaft blickt.,,Reichenau ist im Laufder Jahre für mich etwas ganz Eigenes geworden, ein fixer Pol in meiner Arbeit: Anderswo mache ich ganz anderes, von Opern bis zur Modeme. In Reichenau weiß ich: Es gibt für mich tolle Stücke der österreichischen oder derWeltliteratur, immer eine wundervolle Besetzung und eine Atmosphäre, in der man unvergleichlich arbeiten kann. ,,Wobei auch hier das Neue nicht ganz ausgeklammert ist: Mit Einaktern des Expressionismus durfte Beverly Blankenship 1999 einen Gegenpol zu ihrer ,impressionistischen“ Turgenjew aufführung setzen.Und für die Zukunft erwartet sie weitere Anregungen von Seiten der Intendanz…