Virtuelle Rekonstruktion und Präsentation der zerstörten Synagogen in Niederösterreich
Digitalisierung und digitalisierte Lehr-/Lernprozesse werden oft mit Zukunftsszenarien, mit den nächsten Generationen und technologischen Veränderungen im Hinblick auf Berufe und technische Innovationen verknüpft. Dieses von Bob Martens und Herbert Peter entwickelte Lehr-/Lernmaterial erfüllt auch diese Erwartungen, allerdings bildet ein vergangener, nicht mehr sichtbarer Lerngegenstand den Ausgangspunkt und eben nicht ein zukünftiges erst zu konstruierendes und zu begreifendes virtuelles Objekt bzw. Szenario.
Die beiden in der universitären Weiterbildung der TU Wien aktiven Architekten heben quasi einen Erinnerungsschatz und betten damit ein kulturelles Erbe Niederösterreichs wieder anschaulich in dessen Gemeindelandschaft ein. Das Lehr-/Lernmaterial ist fachlich fundiert informierend und lädt gleichzeitig ein zu einem persönlichen virtuellen Erleben mittels Betrachtung, Begehung und Begegnung mit Vergangenem im eigenen Lebens- und Wohnumfeld.
Es sind die zumeist zerstörten – am Tag der Preisverleihung jährt sich die Reichspogromnacht exakt zum 80. Mal –, verfallenen und damit quasi verschwundenen Synagogen Niederösterreichs (mit Ausnahme einer einzigen, seit 2005 wieder aktiv genutzten Synagoge in Baden), die so nicht in Vergessenheit geraten können und zum vielschichtigen Lerngegenstand werden. Nicht „nur“ eine vollständige Kartographierung erfolgt, sondern eine virtuelle Rekonstruktion entsteht, die jeden ins Staunen und ins Nachdenken versetzen kann.
Möge das hervorragend aufgearbeitete Lehr-/Lernmaterial in museale Ausstellungen, elektronische Lehrmaterialien, Curricula, generell in die Erwachsenenbildung und in die Bildungsarbeit von Gemeinden zukünftig eingearbeitet werden. Noch besser wäre es, wenn die Häuser und Räume wieder echt vor Ort lebendig werden könnten, hier haben Bürgermeister, Gemeinderäte und vor allem die Bildungs- und Jugendgemeinderäte eine große Chance für (politische) Bildung und zur Förderung sozialer Kohäsion. Wir wissen jetzt, wo sie stehen, und können ihnen lernend begegnen!
Monika Kil