Bruno Kittenberger

Sonderpreis
Künstlerisches Filmschaffen

Dokumente bäuerlicher Kultur

Zwei Jahre hat der Amteurfilmer und Förderungspreisträger des Landes Niederösterreich in der Sparte Film an der Dokumentation ,,Vom Lein zum Linnen“ gearbeitet. Es war ein schwieriges Unterfangen, den Weg von der Flachspflanze zum fertigen Leinen nachzuvollziehen und filmisch festzuhalten, zumal es sich bei diesem Filmdokument bereits um bäuerliche und handwerkliche Kulturgeschichte handelt. Bruno Kittenberger zeigt in einem 18-Minuten-Super-8-Verfahren eine Kette von Arbeitsvorgängen, die bis zum ersten Weltkrieg aktuell waren. Angeregt zu dieser Arbeit hat ihn das Heimatmuseum Lilienfeld, mit dem er durch seine Interessen und filmische Tätigkeit eng verbunden ist. Einziger Stützpunkt für dieses Unternehmen war vorerst die Originalmühle aus dieser Zeit, gefunden werden mußte ein Bauer, der nur für diese Zwecke Flachs planzt, eine Bäuerin, die Flachs verspinnen kann sowie eine Weberei, mit einem alten Handwebstuhl und kundigen Webern. Aufgrund dieser vielfältigen Schwierigkeiten (mitten in der Filmarbeit fiel die Bäuerin wegen Krankheit aus) freut es Herrn Kittenberger ganz besonders, daß seine Dokumentation gefallen hat und gefördert wurde. Man kann sich vorstellen, daß der Amateurfilmer unzählige Abende mit seiner Familie dafür aufgewendet hat, Texte zu konzipieren, die Filmmusik auszusuchen und das fertig geschnittene Werk zu vertonen. Die Mühe hat sich gelohnt, ein ganzer Jahresablauf, eine Vielzahl von Handhabungen, die notwendig sind, um aus einer Pflanze ein Gewebe zu erhalten, waren auf Schmalfilm gebannt und zum Teil mit den Original-Ziehharmonika-Klängen des Flachsbauern unterlegt. Bruno Kittenberger, geboren am 14. 2. 1931 in St. Pölten, ist Angestellter der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, verheiratet und Vater von zwei studierenden Töchtern. Durch Kittenbergers Vater, der akademischer Maler und Kirchenrestaurateur gewesen ist (1946 in russischer Gefangenschaft gestorben), dürfte die musische Richtung in dieser Familie eingeleitet worden sein. Bruno Kittenberger begann seine Laufbahn als Amateurfilmer im Jahre 1968 mit Kinderfilmen seiner Töchter, wurde ein Jahr später mit dem Klub der Filmamateure St. Pölten konfrontiert, in den er als aktives Mitglied eintrat, um in einem Kreis von Gleichgesinnten seinem kreativen Hobby zu frönen und sich sehr bald an Wettbewerben zu beteiligen. Als 1971 das Kulturamt der Stadt St. Pölten gemeinsam mit dem Klub im Rahmen der St. Pöltner Kultur- und Festwochen erstmals den Sonderwettbewerb ,,Niederösterreich im Film“ veranstaltete, nahm er mit einer Dokumentation über den Schnitzaltar Mauer teil. Heute tritt er im Kulturamt selbst als Veranstalter auf und hat sich in der Folge auf Dokumentarfilme spezialisiert, wobei er bemüht war, altes Handwerk filmisch festzuhalten. So drehte er unter anderem Filme über einen neunzigjährigen Schindelmacher, einen Hufschmied, einen Köhler, einen Hammerschmied, eine Bauernmühle, über das Dörren von Obst und über die einzige Papiermühle Westeuropas im Waldviertel. Als Obmann des Klubs der Filmamateure St. Pölten hat er die Ausschreibung für nichtprofessionelle Filme der Niederösterreichischen Landesregierung an alle Klubs im Bundesgebiet weitergeleitet und sich mit seinem Film ,,Vom Lein zum Linnen“ auch selbst beteiligt. Wieviel von Herrn Kittenbergers Freizeit, wieviele gefahrene Straßenkilometer und Spesen für ein solches Unternehmen bis zu seinem Abschluß erforderlich sind, kann kaum rekonstruiert werden. Mitunter gibt es Ausfälle der technischen Gerätschaft im Klub, und eine Filmkopie des 18-Minuten-Streifens würde sich ohne Ton auf S 5.000,- stellen. Ein teures Hobby also, aber Bruno Kittenberger schaffte es, bei sorgfältiger Kostenteilung mit der Weberei, mit ca. S 8.000,- für eine Dokumentation auszukommen, für die Profis S 250.000,- aufwenden. Bescheidene Sparsamkeit und Sinn für Humor kennzeichnen den Amateurfilmer Kittenberger. Die zweite Sparte, in der sich Bruno Kittenberger filmisch ausprobiert hat, ist der humorvolle Film, aber er bezweifelt, daß diesem, seinem Lieblingskind ausreichend Sympathie zuteil wird. Angespornt durch diesen Förderungspreis wird Herr Kittenberger seinen Humor und sein wichtiges Handwerkszeug, die Filmkamera, beibehalten.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1983