Christiana Perschon

Medienkunst
Experimental- und Animationsfilm
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Die Zeit in einem Moment

„Das bin nicht ich, das ist ein Bild von mir“ (2018) heißt die jüngste Arbeit der Künstlerin und Filmemacherin Christiana Perschon. Bezugspunkt ist die feministische Avantgarde der 1970er-Jahre, genauer Karin Macks Fotoserie „Zerstörung einer Illusion“. Fleischspieße, Nägel und Haarnadeln durchbohren die Leinwand und hinterlassen Spuren. Film als unmittelbare (Material-)Erfahrung, augenblicklich und gegenwärtig. Vor allem die jüngeren Arbeiten Christiana Perschons setzen an, wo historische Bilder und Vorgeschichten gegenwärtig werden.

Bereits in „Double 8“ (2016) bezog sich Perschon, die unter Siegfried Mattl Mitarbeiterin am Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Gesellschaft war, auf historische Vorlagen: zwei Handkameras, zwei Filmrollen Doppel-8-Material, vier Kader. Zu sehen sind zwei Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen: Perschon blickt durch die Linse ihrer mobilen Handkamera auf die Filmemacherin Linda Christanell, diese erwidert den Blick.

Die Neugierde der Filmemacherin gilt auch dem ephemeren Film. In ihrer Kompilationsarbeit „Ghost Copy“ aus dem Jahr 2015 interessiert sie sich für flüchtige Amateurbilder. Das von Günter Brus in seinem „Wiener Spaziergang“ (1965) angewandte Kompositionsprinzip überträgt Perschon auf analoge Found-Footage- und digitale Amateurfilm-Ton-Fragmente. Im besten Sinn essayistisch nutzt sie die Kerntechnik des Films, die Montage, für ihr Nachdenken über visuelle Kulturgeschichte(n). Das Politische ist dabei stets auch eine Frage der Form.

Christiana Perschons Filme sind Begegnungen mit Bildern als Schlüssel zu gesellschaftlichen Erfahrungen, häufig als ein Ausloten des Verhältnisses von Künstlerinnen und Bildträgern, immer als Frage nach Selbstverständnis und Selbstbestimmtheit. So erscheint es nur stringent, dass jene Arbeit, an der sie aktuell arbeitet, mit dem Titel „Sie berührt die Zeit in einem Moment“ überschrieben ist und Künstlerinnen wie Renate Bertlmann, Lore Heuermann, Karin Mack und Margot Pilz zu Kollaborateurinnen durch den Lauf der Geschichte werden lässt.

Peter Schernhuber

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2018