Literaturkreis Podium

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Literaturinitiativen
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Ein literarisches Wahrzeichen Niederösterreichs

„Begonnen hat es, wie so vieles, mit der Unzufriedenheit am Bestehenden. Einige niederösterreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die mit den Aktivitäten (bzw. dem Nichtvorhandensein von Aktivitäten) in Niederösterreich nicht zufrieden waren, fanden sich Ende des Jahres 1970 auf Veranlassung des Professors Wilhelm Szabo […] zusammen und berieten, was zu tun sei, um hier Wandel zu schaffen.“

(Alois Vogel)

Die Situation, die Anlass zur Unzufriedenheit gab, umriss Wilhelm Szabo, Dichter, Übersetzer und pensionierter Schuldirektor, in seiner Erklärung zur Gründung des „Literaturkreises Schloss Neulengbach – Podium“ so: Die Ausrichtung der Kulturpolitik auf das „Heimattümliche in all seinen Erscheinungsformen“, das Fehlen jeglichen literarischen Lebens – Möglichkeiten zu Austausch und Publikation – und nicht zuletzt das Fehlen einer „nach demokratischen Spielregeln funktionierenden schriftstellerischen Gruppierung“.

Podium solle – so Szabo – „eine Art literarischer Hyde Park“ sein und „allen dem niederösterreichischen Raum verbundenen Schreibenden offenstehen, den Avantgardistinnen und Avantgardisten so gut wie den traditionsgebundenen Schreibenden“.

Für sein Vorhaben gewann der damals 70-jährige Szabo mit Alfred Gesswein und Alois Vogel zwei erfahrene Zeitschriftenherausgeber. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten zudem Albert Janetschek, Ilse Tielsch, Hans Heinz Hahnl, Peter Müller, Max Demeter Peyfuss und Gotthard Fellerer.

Kurz nach der Konstituierung des Literaturkreises im März 1971 lag bereits im April die erste Ausgabe der Zeitschrift „Podium“ vor – am Cover das charakteristische, von Alfred Gesswein gestaltete Logo mit den drei Rahmen. Seither sind – zwei- bis viermal jährlich – 190 Ausgaben erschienen. Neben literarischen und literaturwissenschaftlichen Beiträgen waren und sind Rezensionen vor allem (Nieder-)österreichischer Literatur sowie Essays ebenso eine konstante wie der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern und Sprachen.

Die anfangs proklamierte stilistische und ideologische Vielfalt und die Offenheit für Schreibende unterschiedlicher Generationen, Bekanntheitsgrade und Herkunft gelten nach wie vor.

Hauptziele blieben die Literaturförderung und die Vermittlung an die Leserinnen und Leser. Dafür griffen die Podium-Mitglieder in den 1970er-Jahren zu ungewöhnlichen Mitteln: Sie lasen nicht nur in Galerien und Cafés, sondern auch in Gefängnissen, Schulen und auf der Straße. Das seit 1971 jährlich zum „Tag der Lyrik“ Anfang März erscheinende „Lyrikflugblatt“ wurde an Schulen und auf der Straße verteilt.

Der Lyrik hat Podium von Anfang an viel Platz eingeräumt. Im Jahr 2000 wurde die Buchreihe „Podium Porträt“ gestartet, die derzeit 100 Bände zu (Nieder-)österreichischen Lyrikerinnen und Lyrikern umfasst. Der Literaturförderung dient auch ein seit 1993 biennal vergebener Literaturpreis, der bis 2009 nach Alfred Gesswein benannt war und seit 2012 alle zwei Jahre im Gedenken an Alois Vogel ausgeschrieben wird.

Seit 1971 hat Podium mit hunderten Lesungen in und außerhalb Österreichs, mit Symposien, Ausstellungen und Publikationen ganz im Sinne von Wilhelm Szabo einen wesentlichen Beitrag „zur Literarisierung der Öffentlichkeit“ und zur „Begegnung von Literatur und Allgemeinheit“ geleistet.

Dieser Würdigungspreis ist nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung einer für die Entwicklung der niederösterreichischen Literaturszene wichtigen Initiative. Das Land Niederösterreich – mit seinen mittlerweile zahlreichen Literaturinstitutionen als Gestalterin und Gestalter und Förderin und Förderer einer reichen literarischen Landschaft – verleiht diesen Preis auch als Ermutigung, die verdienstvolle Arbeit fortzusetzen, und als Zeichen der erwartungsvollen Freude auf weitere das Kulturleben des Landes bereichernde Aktivitäten.

Nicht zuletzt soll mit diesem Preis auch die – selten bezahlte – Arbeit all jener gewürdigt werden, die seit bald 50 Jahren mit ihrem Talent, ihrem Einsatz und ihrer Leidenschaft den Literaturkreis Podium zu einem unverzichtbaren Bestandteil der literarischen Szene Österreichs formen.

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 2019