Konkurrent belebt das Geschäft
„Durch Schreiben nicht die Welt erklären, sondern mir und der Welt erklären, was der Fall ist.“ So einfach klingt es, wenn Robert Schindel, künstlerischer Leiter der Schreibwerkstatt Waldviertel, das Ziel der Seminare zum literarischen Schreiben für beginnende und fortgeschrittene Autorinnen und Autoren formuliert.
2003 gründeten Schindel, Jahrgang 1944, und der 14 Jahre jüngere Robert Kraner, zuständig für das Organisatorische, das „Literaturwerk. Verein zur Förderung der Sprachkunst“. Die Schreibwerkstatt war damals in Langschlag zu Hause, seit 2014 hat sie ihren Sitz in Horn.
„Im Vordergrund stand mein egoistisches Interesse am Schreibenlernen“, gesteht Kraner, warum er Schindel zur Gründung einer Schreibwerkstatt überreden wollte. Für Kraner war es eine künstlerische Weichenstellung, denn 2015 erschien sein erster Roman „Weißdorn“ – und er erhielt vom Land Niederösterreich den Anerkennungspreis für Literatur.
Wie wird Schreiben gelehrt? „Lernen durch praktisches Tun unter der Anleitung von renommierten Autorinnen und Autoren“, erläutert Kraner. In den drei- bis sechstägigen Seminaren verfassen schreibinteressierte Menschen literarische Texte, erhalten und geben Feedback, öffentliche Lesungen bilden den Abschluss.
Knapp 650 Menschen besuchten von 2003 bis 2018 Veranstaltungen der Schreibwerkstatt Waldviertel, 357 nahmen an 81 Literaturseminaren teil. Die Schreibklassen trugen Titel wie „Die unmittelbare Frische des Dialogs“, „Wie erfinde ich mich selbst?“ oder „Von der Short Story zur Twitteratur“, geleitet wurden sie unter anderem von Olga Flor, Josef Haslinger, Monika Helfer, Lydia Mischkulnig, Doron Rabinovici, Evelyn Schlag, Franz Schuh und Anna Weidenholzer.
„Etwa ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommt öfter zu uns“, so Kraner, der auch gerne auf die rege Publikationstätigkeit der Teilnehmenden verweist.
Auf die Frage, ob man als Autorin oder Autor mit solchen Seminaren nicht die Konkurrenz am eigenen Busen nähre, antwortet Robert Schindel: „Ach was. Die belebt das Geschäft. Und mehr gute Literatur ist viel besser als bloß die eigene, so wunderbar sie auch in der Einbildung sein mag.“