Wir spielen mit
„Herr Katō spielt Familie“, und wir spielen mit, können nicht anders, als seinen Spuren zu folgen, ihn bei seinen verschrobenen Gedanken und ebensolchen Wegen zu begleiten, diesem widerspenstigen Charakter, der Seite für Seite mehr von der Welt preisgibt, in der er sich bewegen muss, mehr den Alltag mit den sich stets wiederholenden Geschehnissen hinterfragt und verlässt, um sich einer neuen, ihn unerwartet treffenden Lebenserfahrung hinzugeben.
Eine Rolle spielen, jemand anderer sein wollen als der, in den man sich über Jahrzehnte hineinmanövriert hat, der Verlockung eines Abenteuers folgen, um dann – letztendlich – bei sich anzukommen.
Der 1980 in St. Pölten geborenen Milena Michiko Flašar ist ein verzaubernder Text gelungen, der aus dem Alltagsgeschehen eines Rentners hinaus in eine fremde Welt führt, in eine neue Erfahrung. Auch die Leserin und der Leser erfahren, erleben und leben mit, werden durch stimmige Bilder, in denen tiefe und bewegende Gefühle verborgen sind, von der Autorin durch den Text geführt und sind der Hauptfigur als stille Begleiter nahe.
Die Geschichte führt uns, die Leserinnen und Leser, in die Fremde Japans, öffnet uns diese Kultur und bringt uns dadurch der eigenen Kultur näher, der Einsamkeit, die mit dem Älterwerden einhergeht, aber auch jenen Gedanken, dass das Glück immer lauern darf und unerfüllte Träume nicht zwangsweise unerfüllt bleiben müssen.
Flašar verwendet hierfür eine präzise Sprache, weder verspielt noch überladen, den Figuren nah und aus ihnen erzählend. Ein Bild verschmilzt liebevoll selbstverständlich mit dem nächsten, und wir spielen gerne mit, lassen uns gerne von Flašar und ihrem Herrn Katō an der Hand nehmen, hinein in diesen schönen und sinnlichen Text, hinein in Beziehungen und zurück in Lebenserinnerungen. Sprachlich Magisches erwartet uns, auch eine Autorin, in deren Texten Tiefgang und Witz zu finden sind und der es stilistisch mit jedem Buch aufs Neue gelingt, die Realität und den Alltag ihrer beiden Heimaten, Österreichs und Japans, glänzen zu lassen.
Isabella Feimer