Internationale Strahlkraft
Die unkonventionellen Bauten von The Next Enterprise Architects wurden bereits vielfach international publiziert und mit Preisen ausgezeichnet. Dass Marie-Therese Harnoncourt-Fuchs und Ernst J. Fuchs nun für ihr bisheriges Lebenswerk den Würdigungspreis des Landes Niederösterreich in der Sparte Architektur verliehen bekommen, ist eine logische Konsequenz, zumal ein wesentlicher und wiederkehrender Schauplatz ihres baukünstlerischen Wirkens in Niederösterreich liegt: Mit der Freiluftbühne „Wolkenturm“, die 2007 im Schlosspark Grafenegg realisiert wurde, haben sie nicht nur eine funktionale Bühne und Tribüne für das Grafenegg Festival, eines der bedeutendsten Orchesterfestivals Europas, geschaffen, sondern im weitläufigen Landschaftspark der historischen Schlossanlage eine identitätsstiftende Landmark gesetzt, die weit über die Grenzen Niederösterreichs und Österreichs hinaus über eine internationale Strahlkraft verfügt und als Aushängeschild für zeitgenössische Baukultur in Niederösterreich wirkt. So wirbt das Grafenegg Festival neben seinem starbesetzten Musikprogramm auch mit dem Slogan „Natur und Architektur verschmelzen zum Gesamtkunstwerk“.
Mit dem gastronomischen Pavillon „Wolke No. 7“, für den The Next Enterprise auch den Bauherrenpreis 2017 verliehen bekamen, haben sie einen weiteren vielbeachteten gestalterischen Akzent im Schlosspark Grafenegg gesetzt, der sich mit seinem schwebenden Dach poetisch und sensibel zwischen den Baumgruppen der historischen Parklandschaft einschreibt.
Das Architekturbüro The Next Enterprise Architects wurde 2000 von Marie-Therese Harnoncourt-Fuchs und Ernst J. Fuchs in Wien gegründet. Das Oeuvre reicht von konkreten Bauaufgaben, Installationen, Ausstellungsgestaltungen und experimentellen Eingriffen in den Stadtraum bis hin zu städtebaulichen Konzepten. Sie postulieren, dass Raum erst in der Benutzung seine Funktion findet, und konzipieren die programmatischen und räumlichen Grenzen ihrer Gebäude und Installationen bewusst durchlässig. So bringen sie ihre Arbeitsweise auch wie folgt auf den Punkt: „Das Provozieren von Zufällen und dem Unvorhersehbaren ist unsere Strategie für die Raum- und Programmproduktion von Architektur. Wir arbeiten daran, alles aufzuspüren, was über das reine Funktionieren hinausführt – es ist das Wesen von Architektur, wie wir sie uns vorstellen.“
Das performative Potential von Architektur und das Wechselspiel von Raum, Atmosphäre, Kontext und Benutzer sind somit wesentliche Parameter in der experimentellen Architekturproduktion des Duos.
Zu ihren repräsentativen Projekten zählen neben den Kulturbauten im niederösterreichischen Grafenegg auch das Seebad in der Südtiroler Gemeinde Kaltern, das sich abends in einen frequentierten Veranstaltungsort verwandeln lässt, die Wohnhäuser Zirl in Tirol und Fidesser in Retz, die Installationen „Audiolounge“ und „n[oe]cleus_informed sculpture“, das experimentelle temporäre Wohnprojekt „Hawi“, ein innovatives Wohnkonzept, das als Teil eines hybriden Stadtbausteins in Wien fungiert, sowie der Wettbewerbsgewinn Archäologisches Zentrum in Mainz.
Die Bauten von The Next Enterprise wurden für den Mies van der Rohe Award, für den Iakov Chernikhov International Prize, den Piranesi Award und den Ernst A. Plischke Preis nominiert und mit dem Niederösterreichischen Baupreis, dem Österreichischen Baupreis, dem Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architektinnen Österreichs, dem AIT Award und dem Hans Hollein Kunstpreis ausgezeichnet.
Ihre Projekte und Installationen wurden international in Ausstellungen und Biennalen gezeigt, so zum Beispiel an der Architekturbiennale in Venedig, der São Paulo Biennale, in einer Wanderausstellung durch die Volksrepublik China, im Archilab Orléans, bei der Manifesta 7 in Rovereto, im MAK Los Angeles, beim Architekturforum Aedes Berlin und der Galerie d’Architecture Paris.
Aktuell sind Harnoncourt und Fuchs als Teil eines interdisziplinären Beraterinnen- und Beraterteams für die Bewerbung der Landeshauptstadt St. Pölten um die Austragung der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 tätig und somit wieder einmal um die internationale Strahlkraft niederösterreichischer Kultur bemüht.
Peter Fattinger