Walter Vopava

Bildende Kunst

Malerei um der Malerei willen

Walter Vopava, 1948 in Wien geboren, hat sich erstmals in den frühen 80er Jahren in der österreichischen Malereiszene etabliert, die von einemfigurativen und expressionistischen Tenor geprägt war. Entgegen den „Neuen Wilden“, wie SiegfriedAnzinger oder Hubert Schmalix, exerzierte Vopava eine stille, den heftigen Pinselduktus annullierende, monumentale Malerei, die eine Konzentration auf das Malerische par excellence im abstrakten Stil repräsentierte. Dieser Haltung ist der Künstler bis heute treu geblieben. Vopava operiert mit mächtigen, schweren schwarzen Formen, die die Bildsituation dominieren. Zum einen sprengen sie die Bildgrenzen – Ausschnitthaftigkeit und die Auflösung des Bildzentrums resultieren daraus-zum anderen stehen sie aufder Bildfläche in wohlkomponierter Relation. Die abstrakten Formen überschneiden sich oder verhalten sich in einer rhythmischen Spannung zueinander. Durch die dichte Konsistenz der schwarzen Farbe wird dem Betrachter erstmals der Eindruck von Massivität, Schwere und Undurchdringbarkeit suggeriert. Dieser Eindruck relativiert sich dadurch, daß ihre Konturen vom Untergrund aufgelöst werden und sie dadurch eine rauchige Voluminosität erhalten. Das Prinzip des Bildaufbaus in tiefenräumlicher Dimension ist in den meisten aktuellen Werken in einer Dreierstaffelung strukturiert. Unter den in schwarzer Farbe dicht gemalten abstrakten Formen schweben wolkenartige Gebilde auf einem glühenden Untergrund. Dem Rezipienten öffnet sich ein atmosphärischer nebelverhangener Raum, der jedoch keine Analogien zur Natur aufweist. Trotzdem können Assoziationen an die romantischen Landschaftsbilder von William Turner auftauchen. Vopava hat sich selbst in einem Gespräch dazu geäußert: ,,Es gibt eine romantische Erscheinung in meinen Bildern, die jedoch nicht mein Anliegen ist. Dort, wo die Malerei interessant ist, ist sie nicht deshalb interessant, weil Turner die Idee des Atmosphärischen hatte, sondern weil er über das Atmosphärische hinaus zu einer hochqualitativen malerischen Lösung gekommen ist. Letztendlich ist alles nur ein Hilfsmittel, um zu Lösungen zu kommen.“ Während Turners Auffassung von Räumlichkeit an den Landschaftsraum gebunden war, vermittelt Vopava eine illusionistische Tiefenwirkung auf abstrakter Ebene ohne Landschaftsreferenz. Vopava begnügt sich mit dertraditionellen Bildauffassung der Malerei – d. h. auf der vorgegeben Fläche mit malerischen Strukturen Räumlichkeit zu suggerieren und diese aber gleichzeitig aufdie faktische Zweidimensionalität zu reduzieren. Ihm ist es kein Anliegen, die flächige Leinwand mittels der dritten Dimension zum Objekt zu erweitern, wie es zum Beispiel Frank Stella oder Gotthard Graubner praktizieren, sondern mit wenigen Mitteln Qualität im Malerischen zu erreichen. Während der österreichische Maler anfangs der 80er Jahre die Farbe in ihrer pastosen Beschaffenheit auf dem Bildträger aufgetragen hat, bestreicht er heute die Leinwand oder das Blatt Papier mit transparenten Farbschichten. Die untersten Lagen in Grün-, Braun-, Beige- oder auch Gelb- und Rosatönen zeugen von einer Strahlkraft, obwohl ihre Farbkonsistenz matt ist. Der Grund liegt darin, daß Vopava mit flüssiger Dispersionsfarbe malt, der wenig Bindemittel beigemengt wird.Würde er mehr Bindemittel verwenden, hätte die Bildfläche einen intensiveren Glanz. So aber tritt das chromatische Strahlen in einer geheimnisvollen Weise aus der Bildtiefe hervor. In kompositorischer Hinsicht fungiert das leuchtende Moment als Gegenstück zu den schwarzen Formen. Die Farbe Schwarz gilt als eine Konstante in Vopavas Bildfindungen, die jedoch nur aus gestalterischen Gründen eingesetzt wird: Sie suggeriert Schwere, Monumentalität, Massivität und verdeutlicht seinen reduzierten, ja asketischen Einsatz der Mittel. Neben der Intention, Schwarz als eigenständige Farbe im Bild zuverankern, arbeitetVopava andererseits mit der Nichtfarbe Schwarz als Dunkelheitswert, als Basis, ,,um aus dem Dunkel etwas entstehen zu lassen.“ So bilden sich nuancierte Helligkeitswerte aus dem dunklen Malgrund heraus. Inhaltliche Bedeutungen von Schwarz werden strikt ausgeklammert. Vopavas Einstellung zur Malerei läßt sich als entschieden puristisch einstufen. Mit elementaren Mitteln wird das Substantielle der Malerei erforscht, jeglicher Vorwand beiseite geräumt. Dieser Purismus ist jedoch nicht im avantgardistischen Sinne zu verstehen: Nicht das radikale Voranschreiten zu einem logischen Endpunkt und das Negieren des Konventionellen. Ganz im Gegenteil. Vopavas Bilder sind klassisch. Er steht in einer langen europäischen Malereitradition, wenngleich seine gewählte Bildsprache, die der Abstraktion, mit der Modeme stark verwurzelt ist. Abstraktion ist für ihn nicht unbedingt ein Stil, sondern die Möglichkeit, sich auf das Essentielle in der Malerei zu konzentrieren, losgelöstvomVorwand des Inhaltlichen und Figurativen. Abstraktes Betrachten der Meisterwerke der europäischen Kunstgeschichte hilft uns auch, malerische und kompositorische Qualitäten eines Tizian oder Velazquez zu erkennen. Vopavas Bestreben ist es, das Entscheidende, also die Malerei um der Malerei willen, zu betreiben

Diese Textpassage stammt aus der Kulturpreis-Broschüre von 1999